Woran denkt Ihr beim Begriff „elektronisches Buch“? Na klar, an eBooks. Formate wie EPUB oder MOBI als Standard für eBooks wären der denkbare Höhepunkt für dieses Medium – gäbe es nicht mit den sogenannten „Books in Browser“ eine neue Entwicklung im Bereich der elektronischen Literatur.
Wir zeigen Euch, was ein Buch im Browser überhaupt auszeichnet, welche Möglichkeiten sich aus der Verlagerung von Medien in das Web ergeben und wie folglich die Zukunft des digitalen Buches in absehbarer Zeit aussehen könnte.
Was ist so ein Buch in einem Browser?
Der Begriff Books in Browser ist einerseits zwar recht selbsterklärend, andererseits wirft er aber auch einige Fragen hinsichtlich einer eindeutigen Definition auf. Dies zeigt sich insbesondere in der bisher schwach ausgeprägten Terminologie zu diesem Thema. Denn neben dem Begriff Books in Browser existieren ebenso die Bezeichnungen Webbook/Web book oder Web-E-Book.
Trotz unterschiedlicher Begriffe kann jedoch festgehalten werden, dass es sich bei einem Buch im Browser um ein digitales Leseangebot handelt, das als nativer Web-Content über den Browser zur Verfügung gestellt wird. Dabei erfüllt es die Funktion eines Buches, strukturierten Inhalt unter den Aspekten der Lesbar-, Leserlichkeit und Ästhetik bereitzustellen.
Wo kommt es her und wo geht es hin?
Mit der zunehmenden Digitalisierung von Medien, neuen Content-Erlös- und eCommerce-Modellen, sowie einer enormen Verschiebung des Soziallebens in das Internet, wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis die Verlagsbranche sich diese Entwicklungen zunutze macht. In den letzten Jahren gab es bereits erste Bestrebungen, die Anwendung von Dokumenten im Netz zu verändern. Dazu gehören u.a. Access-Modelle auf Streaming-Basis statt Downloads. Im Film- oder Musikbereich haben sich längst Dienste wie Netflix oder Spotify etabliert. Im Buchbereich existiert jedoch noch kein vernünftiges Streaming-Modell und das, obwohl das Buch zu den Medium mit den geringsten Datenmengen überhaupt gehört.
Obwohl User gekaufte Produkte größtenteils immer noch besitzen möchten, sprich auf ihrem Rechner abspeichern wollen, geht der Trend klar in Richtung Cloud-Anwendung. Sofern die Cloud eine Option statt eine Pflicht ist, wird diese meist sehr gut angenommen. Daher könnten zukünftig komplette Cloud-Lösungen anstelle von portablen Dokumenten auch im Buchsektor denkbar sein.
Früher waren Lesezirkel sehr beliebt, heute oder zukünftig werden Internet Communities und Foren diese soziale Interaktion zwischen Bücherfreunden ersetzen. Ein weiterer Punkt sind Blogs und Magazinjournalismus im Web, welche seit Jahren einen enormen Aufwind genießen. Diese zeigen bereits bestens, wie strukturierte Buchinhalte im Web aufbereitet werden können.
Auf Softwareseite unterstützen bereits einige Browser das Lesen von digitaler Literatur im Netz. Mit dem Microsoft Edge gibt es seit 2017 den ersten Browser, der neben PDF-Files auch EPUB direkt im Browser-Fenster anzeigen lassen kann. Für andere Browser wie z.B. Firefox und Chrome gibt es bereits Plugins.
Die Idee für die Books in Browser im speziellen bekam ab 2014 einen starken Schub durch verschiedene Pilotprojekte wie beispielsweise „The Vanishing Game“, ein Visual-Storytelling-Projekt von Land Rover, welches neue Wege der Präsentation und der Social-Media-Verknüpfung fand. Im selben Jahr startete auch das ambitionierte Projekt „Sobooks“ von Sascha Lobo und Christoph Kappes und wollte digitales Lesen durch Social Reading revolutionieren. In diesem Jahr wurde mit „Mojoreads“ ein ähnliches Projekt ins Leben gerufen.
Ein weiterer entscheidender Schritt wurde Anfang diesen Jahres mit der Fusion des IDPF (International Digital Publishing Forum), auf das bisher die Entwicklung von EPUB zurückging und dem W3C (World Wide Web Konsortium) als Patron der Web-Technologie gemacht. Mit diesem Schritt wurde die Verschmelzung von eBook und Web eingeläutet. Dadurch ist es technisch möglich, EPUB Formate in einem Web-Browser sicht- und somit lesbar zu machen.
Es bleibt spannend!
Ihr seht also, dass in den letzten Jahren der Grundstein für eine völlig neue Art zu lesen gelegt wurde. Ob und wie weit sich Books in Browser neben den bereits etablierten Leseweisen durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Wird das Publishing-Format EPUB obsolet und Books in Browser der neue Standard für Verlage sowie für die Lesenden? Werden sich folglich auch die Lesegewohnheiten für uns ändern oder werden wir weiterhin dem klassischen Buch und eBook treu bleiben? Es wird die nächsten Jahre auf jeden Fall spannend in Sachen elektronisches Lesen.
Falls Ihr nach unserem Artikel selbst gerne Bücher im Browser lesen möchtet, sei Euch von uns mojoreads.com, sobooks.de oder auch blinkist.com empfohlen. Viel Spaß damit!
Autor: Julius Herold