„Dieser Verlag wird verschenkt, wenn er noch existiert, wenn ich alt bin.“
Klaus Wagenbach
Gegründet in Berlin mit dem Ideal des gesamtdeutschen Verlagshauses und dem Ziel, sowohl für den Osten wie den Westen zu publizieren.
Auch die Stimme der Studentenbewegung und stark politisch war Wagenbach. Letzteres sind sie auch geblieben.
Der Wagenbach-Verlag ist ein sehr unabhängiges Unterfangen. Dieses Jahr feiert er sein 50-jähriges Jubiläum, jedoch nicht mehr mit Klaus Wagenbach an der Spitze. Er schenkte den Verlag 2002 seiner Frau Susanne Schüssler, die seither die Leitung übernimmt.
Trotzdem ist Herr Wagenbach noch stark involviert und kümmert sich um besondere Projekte. Man trifft ihn oft im Verlag. Sein Büro ist übrigens frei von Computern.
Was macht den Wagenbach-Verlag aus?
Klaus Wagenbach gründete den Verlag 1964 in Berlin. Vorher arbeitete er bei S. Fischer. Von Anfang an hatte der Verlag prominente Unterstützer wie Günter Grass. Man publiziert Literatur zu niedrigen Preisen („Quarthefte“), im Laufe der Zeit auch immer stärker internationale Autoren oder politische Schriften wie die „Rotbücher“. Insgesamt versteht man sich auf Buchreihen, in denen sowohl unbekannte als auch bekannte Autoren zu finden sind. Dadurch werden gerade die Unbekannten gefördert, da Buchhandlungen die gesamte Reihe kaufen und verkaufen, nicht nur Einzelwerke.
Während der Studentenbewegung gilt der Wagenbach-Verlag als die Stimme der Revolution. Es werden linke Schriften (die sich von der SED-Regierung differenzieren) veröffentlicht und die Studenten halten sich rund um die Uhr im Haus auf, immer in dem Bestreben sich zu beteiligen. Diese Chance gibt Wagenbach ihnen, indem er 50 Prozent des Verlages an die Genossenschaft verschenkt. Von nun an wird jede Entscheidung als Gemeinschaft diskutiert und neue Projekte nur mit der Zustimmung der Mehrheit begonnen. Zusammen gibt man unter anderem Ulrike Meinhoffs Drehbuch zum Film „Bambule“ heraus. Aufgrund dieser Publikation gerät man in einige gerichtliche Verhandlungen. Weitere politische Veröffentlichungen, die auf den einzelnen Seiten Deutschlands verboten sind, führen unter anderem zu einem Einreiseverbot in die DDR für Klaus Wagenbach.
„Der Verlag […] ist unabhängig und veröffentlicht Bücher aus Überzeugung und Vergnügen, mit Sorgfalt und Ernsthaftigkeit.“
1973 fordert die Genossenschaft die Mitbestimmung im Lektorat. Der Verleger Klaus Wagenbach hält es für überaus wichtig, dass das Lektorat autonom bleibt. Verleger und Genossenschaft trennen sich daraufhin. Neben einem großen Teil seines Vermögens verliert Herr Wagenbach auch die „Rotbücher“ und sucht daher einen neuen Verlagsschwerpunkt. Es gibt heute Stimmen, die sagen, Klaus Wagenbach verknüpfe seine größten Interessen in seinem Beruf: das Verlegen von Büchern und Italien. Vermutlich ist das auch ein Teil des Erfolges, denn mittlerweile ist Wagenbach der wichtigste deutsche Verlag für italienische Publikationen.
Man erkennt den Verlag aber nicht nur an der stark internationalen Ausrichtung. Es gibt eine Reihe von Alleinstellungsmerkmalen und Besonderheiten. An dieser Stelle soll der Fokus vor allem auf die roten Leinenbände der SALTO-Reihe gelegt werden, die durch ihre Einfachheit (gebunden in rotem Leinen, mit einem Aufkleber auf der Vorderseite, ansprechend durch sehr hohe Qualität) verzaubern. Aber auch Namen wie „Die Zwiebel“, der kostenlose Almanach des Verlages oder die Kaninchen in den Taschenbüchern sind etwas, das nicht jedes Unternehmen bieten kann.
Für wen setzte sich der Wagenbach-Verlag ein?
Im Laufe der Zeit bezieht der Wagenbach-Verlag immer wieder Position. Sei es indem linke Schriften publiziert werden oder durch das „Lesebuch“. Unbekannte Autoren werden gefördert. Ebenso unabhängige Buchhandlungen. Um letztere zu unterstützen werden Buchhandlungen, die mindestens 20 Prozent des lieferbaren Programms des Wagenbach-Verlags führen, in der Zwiebel gelistet. Dadurch sollen sie trotz der Konzentration im Buchhandel sichtbar gemacht werden.
Der erste Titel des Wagenbach-Verlags, der in den Bestsellerlisten auftaucht, heißt übrigens „Die souveräne Leserin“ von Alan Bennett und erscheint im Jahr 2008.
Wie sieht die Zukunft für den Wagenbach-Verlag aus?
Klaus Wagenbach gesteht sich ein, dass er selber nicht genügend Kenntnisse im Bereich Internet und Computer besitzt. Seine Frau Susanne Schüssler verändert daher seit 2002 vieles. Die Bücher des Wagenbach-Verlags werden zum Beispiel als E-Books veröffentlicht. Zum 50. Jubiläum begrüßt man neue Autoren im Verlag. Im Bereich internationale Literatur richtet sich der Blick „häufiger nach Übersee und Afrika“.
Wo wird der Verlag in weiteren 50 Jahren stehen?
Auf diese Frage hat wohl kein Verlag eine Antwort. Weiterhin zu bestehen und immer noch einzigartig zu sein ist natürlich ein Wunsch, den kein Verleger abstreiten wird. Und der Wagenbach-Verlag gibt sich große Mühe, in diese Richtung weiterzuarbeiten. Denn eines hat Klaus Wagenbach immer abgelehnt: irgendwann Teil eines großen Konzerns zu werden. Es geht ihm schließlich nicht darum, das große Vermögen durchs Verlegen zu erwirtschaften. Stattdessen sieht er das Verlegen eher als Pflicht, Kultur zu vermitteln. Und das Schöne zu publizieren, auch so, dass man am Buch erkennt, wie wertvoll der Inhalt ist.
Wagenbach besticht durch und durch mit Vielschichtigkeit. Und sollte der Tag kommen, an dem auch Frau Schüssler beschließt, der Verlag müsse weitergegeben werden, so hoffe ich, dass sie jemanden findet, dem sie den Verlag schenkt und derjenige die Ideen und Absichten von Klaus Wagenbach weiterführt.
Artikel von Sophie Sander
Das Bildmaterial wurde mit freundlicher Genehmigung von der Pressestelle des Verlages Klaus Wagenbach zur Verfügung gestellt.