„Willkommen, liebe Kommilitonen!“, beginnt Benjamin ganz professionell seine eigene Lesung. Anders, als man hätte erwartet, befinden wir uns jedoch nicht in der Uni, sondern in der „Kombüse 68“ in Plagwitz und vor Benjamin stehen keine unwissenden Erstsemestler, die sich an ihre Einschulung erinnert fühlen, sondern Eingeweihte, die ihren Dekan wahrscheinlich seit ihrer Einführungsveranstaltung nie wieder gesehen haben. So beschreibt es zumindest der Autor in seinem neuen Buch „Akademisches Viertel“.
Hinter dem Tresen der Kombüse sitzend, plaudert der ehemalige Philosophiestudent, Benjamin Brückner, ganz souverän aus dem Studentennähkästchen, um seinen Ratgeber vorzustellen.
Seine Gäste kuscheln sich währenddessen sardellenhaft aneinander, als wolle Benjamin ihnen im selben Atemzug das Gleichnis zur universitären Massenabfertigung im Bachelor-Master-System vermitteln.
Benjamin las von seinen Erfahrungen zum Wohnheimleben, vom nächtelangem Feiern in Clubs, den Leiden des jungen Studentensinglemannes und klärte uns über die Eigenheiten von „Vater Staat“ und „Lady BAföG“ auf. Zudem gab er noch spannende Ausblicke auf weitere Kapitel seines Buches, die sich,angefangen von dem tristen Sozialleben in der Fremde, über die Wohnmöglichkeiten, die Liebe bis hin zu den universitären Veranstaltungen und anderen interessanten Aspekten erstrecken. Untermauert wird das Ganze durch Illustrationen des Berliner Künstlers Tristan Schmidt.
Mit Satire im Gepäck und der Betonung an den richtigen Stellen, bringt er all Jene zum Schmunzeln, die schon mit dem einen oder anderen besagten Thema konfrontiert wurden und verbreitet dabei ein Gemeinschaftsgefühl unter seinen Hörern. Denn wer hat nicht schon einmal vom sozialen Leben auf dem „Mikrocampus Wohnheim“gehört? Oder vom Ausfüllen der BAföG-Anträge, welche die Nerven zum Teil so stark strapazieren, dass man sich irgendwann fluchend bei seinem Sachbearbeiter Luft macht?
Mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht, scheint er sich selbst an einigen Stellen wieder über seine eigenen Gedankengänge zu amüsieren und überträgt dieses Gefühl zugleich auf seine Gäste.
Abschließend regte er eine Diskussion zum Bachelor-Master-System vs. Diplom-Ära an, bei der niemand so recht beginnen wollte. Nur wenige Anwesende hatten Vergleichsmöglichkeiten, und was man nicht kenne, könne man weder vermissen noch ersehnen. Doch indem wir uns auf den Erfahrungsschatz der Diplom- und Bachelor-Studenten unter uns bezogen, konnten wir gemeinsam unterder Moderation Benjamins so einige Vor- und Nachteile ausmachen.
Wer also abends von der Uni nach Hause kommt und sich nach einem Mittel zur humoristischen Stressbewältigung verzehrt, dem sei dieses Buch empfohlen. Oder allen Erstsemestlern, die ihre Blauäugigkeit ablegen oder sich zumindest nicht allein mit der noch unbekannten Situation fühlen möchten. Allerdings sollten jene dünnhäutigeren Mitglieder der Gesellschaft, denen es häufig schwer fällt, über sich oder andere paradoxe Gegebenheiten im Leben zu lachen, die Finger davon lassen. Zudem sollte man auch in der Lage sein, das natürliche Bedürfnis nach typografischer „Schönheit“ für ein paar Stunden auszublenden, um rein auf den Inhalt achten zu können.
Uns hat diese Lesung mit Kuschelfaktor in ungewohnter Umgebung jedenfalls Spaß gemacht und wir hoffen, Euer Interesse etwas geweckt zu haben.
von Marie Erdmann und Maria Lippold