Ab in die Schule: Digitale Schulbücher im Test (Teil 2)
Was muss das digitale Schulbuch im Gegensatz zur Printvariante können? Inwieweit müssen sich die Inhalte und deren Aufbereitung von denen des klassischen Schulbuchs abheben? Und was können digitale Schulbücher deutscher Verlage aktuell?
Erwartungen
Das Lernen aktueller, motivierender und individueller gestalten – so soll das digitale Schulbuch laut BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf Unterrichts- und Lernprozesse bereichern. Auch Heiko Przyhodnik sieht verbesserte Lernbedingungen, da es alle Lerntypen bediene. Przyhodnik ist Mitgründer des Schulbuch-O-Mats, einer Plattform für Lehrer, die ihnen die Unterrichtsvorbereitung erleichtern soll. Ihr erstes digitales Schulbuch ging zum Schuljahresstart im Herbst 2013 online. Für Przyhodnik spielen dabei zwei Erweiterungen die entscheidende Rolle: Audiovisualisierung und Interaktivität. Animationen, Suchfunktion, Hyperlinks, Vergrößerung von Text und Bildern mit der Lupe, modifizierte Inhalte, Aufgaben direkt im Buch bearbeiten. Enhanced textbooks – die digitalen Möglichkeiten, um diesen Status zu erreichen, sind zahlreich.
Digitale-schulbuecher.de und andere
Kaufen kann man das digitale Schulbuch mittels eines Freischaltcodes über die Verlagsseite. Den gibt man dort oder auf digitale-schulbuecher.de ein, eine Seite des Verbandes Bildungsmedien e.V., auf der Bücher von 24 Verlagen angeboten werden. Durch die Vergabe von Einzel- oder Sammellizenzen ist das digitale Bücherregal für Lehrer und Schüler gleichermaßen nutzbar. Neben dem Schulbuch gibt es auch den digitalen Unterrichtsassistenten speziell für Lehrer. Die angebotenen Produkte sollen herstellerunabhängig mit jedem Betriebssystem und jedem Endgerät verwendbar sein.
Das war im November 2012. Der Start der Plattform wurde mit großen Erwartungen verfolgt und schließlich von vielen Seiten kritisiert. Die Seite sei nicht ausgereift genug und die digitalen Schulbücher hielten ihr Versprechen nicht: wenig digitale Features, viel Print in PDF. Erneute Tests der Seite in 2013, 2014 sind kaum zu finden. Wer die Weiterentwicklung der Plattform in den letzten zwei Jahren überprüfen will, muss selbst zum Tester werden. Mittlerweile finden sich noch andere Ansätze im Internet, so auch das cornelseneigene Lehr- und Lernportal scook.de, das im März 2014 startete. Hier werden nicht nur digitale Bildungsmedien angeboten, steht es auf der Webseite, sondern Lehrer und Schüler könnten sich auch über dieses Portal austauschen.
Aktueller Stand
In Anbetracht der bisher geringen Nutzung von digitalen Schulbüchern ist auf den Plattformen und in den Portalen der Verlage eine Vielfalt an Angeboten zu finden. Dennoch ließ sich im selbst durchgeführten Test nur eines von sechs Schulbüchern in digitaler Form auffinden. Alle anderen Exemplare sind vor Ende 2011 erschienen und scheinen damit zu alt zu sein. Das überprüfte und gefundene Cornelsen-Schulbuch „Chemie Plus“ für die Klasse 8 des Gymnasiums wurde 2014 gedruckt. Leider entspricht es zu großen Teilen der gedruckten Variante. Man kann zoomen, markieren, Kommentare und Notizen machen, auch zeichnen. Die interaktiven und audiovisuellen Möglichkeiten eines digitalen Schulbuchs wurden allerdings nicht genutzt. So hätten beispielsweise zu den einzelnen Experimenten Videos hinterlegt werden können.
Digitale Schulbücher von Verlagen stecken in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Doch die Möglichkeiten der Erweiterungen sind groß, ebenso wie der Wunsch nach mehr digitalisiertem Unterricht in den Schulen. Vor allem die Ausstattung der Schulen muss nun auf den erforderlichen Stand gebracht werden, um zukünftig den Einsatz digitaler Bildungsmedien großflächig zu gewährleisten.
Autor: Franziska Mahr