Die Plastikmüll-Debatte und die Kritik am Einsatz unnötiger Verpackungen ist inzwischen allgegenwärtig. Das zunehmende Umweltbewusstsein unserer Gesellschaft hat dazu geführt, dass in einigen Lebensbereichen bereits ein Umdenken stattgefunden hat. Vor allem im Lebensmittelhandel hat man die Notwendigkeit zu Handeln erkannt und Maßnahmen eingeleitet, um den Einsatz von Plastik zu reduzieren und auf unnötige Verpackungen zu verzichten. Auch Verlage sind sich inzwischen ihrer Rolle in der Nachhaltigkeitspolitik bewusst und haben sich dazu entschlossen den Unmengen an Abfall, die durch die Plastikfolien anfallen, den Kampf anzusagen.
Vorreiter in dieser Hinsicht ist die Bonnier Media Verlagsgruppe, zu der Verlage wie Ullstein, Pieper und Carlsen gehören. Bonnier Media war die erste große Verlagsgruppe, die am 19. November 2018 erstmalig auf die Einschweißfolie verzichtete und Nele Neuhaus neuen Roman „Muttertag“ ohne Folie in den Handel brachte. Statt der Schutzfolie wurde das Buch mit einem Papierbändchen versiegelt. Dieses soll eine Art „Frischesiegel“ darstellen und, anstatt der üblicherweise verwendeten Plastikumhüllung, den Neuwert des Buches signalisieren.
Zu Beginn herrschte viel Skepsis gegenüber dieser Neuerung. Es gab viele Befürchtungen, dass Kunden eingeschweißte Exemplare bevorzugen und die Abschaffung der Schutzfolie zu einer höheren Remittenden Quote führen würde, da das Buch nun anfälliger für Schmutz und Beschädigungen war. Doch der Geschäftsführer von Bonnier Media, Christian Schumacher-Gebler, berichtete, dass die Reaktionen von Autoren und Lesern durchgehend positiv ausfielen. Laut seiner Aussage zeigte auch der Buchhandel eine positive Resonanz. Die Befürchtung, dass die Anzahl der Remissionen ansteigen würde, hatte sich nicht bestätigt.
Für die Verlage stellt das Siegelband, welches momentan als „Frischsiegel“ gilt, jedoch ein Problem dar, da es im Vergleich zur Plastikfolie in der Herstellung deutlich teurer ist. Doch wie Christian Schumacher-Gebler erklärt, soll die Versiegelung nur eine Übergangslösung sein, bis die folienfreien Bücher vollständig auf dem Markt anerkannt sind. In Zukunft hoffe man ganz darauf verzichten zu können. Das würde auch einen weiteren positiven Nebeneffekt haben und zwar, dass man in jedes Buch hinein blättern kann und nicht auf das Vorhandensein eines Ausstellungsexemplar angewiesen ist.
Nach diesem Erfolg zogen auch andere Verlage gleich. Der Hanser Verlag will beispielsweise ab Herbst 2019 nur noch Exemplare ohne Schutzfolie in den Handel bringen, genauso wie der kunstanstifter Verlag. Dieser will in Zukunft nur noch bei hochwertigen Büchern mit besonderer Ausstattung auf die Folierung zurückgreifen. Der Berliner Verlag Friedenauer Presse hingegen setzt stattdessen auf von Hand gefaltete Papiereinbände, in die er seine Broschuren einwickelt. Auf diese Weise bleiben die Publikationen auch ohne den Einsatz von Plastik vor Schmutz und Beschädigungen geschützt.
Ob sich die Auslieferung unverpackter Bücher durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Ein Blick auf andere Länder wie zum Beispiel Großbritannien und Skandinavien die schon seit einiger Zeit auf das Einschweißen verzichten, zeigt allerdings, dass das Hardcover-Geschäft auch ohne Folie funktioniert. Die Tatsache, dass das Taschenbuch-Geschäft in Deutschland jahrelang ohne Plastik erfolgreich ist und das Umweltbewusstsein von Verlagen und Lesern spricht auch im Hardcover-Sektor für eine positive Entwicklung.
Auch wenn der Verzicht auf das Einschweißen ein erster Schritt ist, hört Nachhaltigkeit nicht bei der Schutzfolie auf. Wenn Verlage nachhaltig produzieren wollen, müssen sie auch in Bezug auf Druckfarben, Papier und Einband bzw. Schutzumschlag auf recycelbare und umweltschonende Materialien achten. Es stellt sich zum Beispiel die Frage, wie sinnvoll Schutzumschläge eigentlich noch sind, wenn man auf die Plastikfolie verzichtet, da solche Umschläge oftmals sehr anfällig für Beschädigungen sind. Schutzumschläge sind zwar ein wichtiges Element was die Optik und Ästhetik eines Buches betrifft, dennoch nehmen die meisten Leser*innen den Umschlag ohnehin beim Lesen ab und außerdem ist eine ansprechende Covergestaltung auch ohne Umschlag möglich.
Artikel von: Elisabeth Meisner