Affinity vs. Adobe – Konkurrenz für den Platzhirsch?

Ob Designer, Setzer oder Hersteller – kaum ein Beruf der grafischen Industrie kommt heutzutage um die Produkte der Adobe Creative Cloud herum. Photoshop, InDesign und Co. gelten als die essentiellsten Werkzeuge eines jeden, der mit der Produktion von Medien zu tun hat. Der Umgang mit den Programmen wird Studierenden und Auszubildenden der Branche unterrichtet und nahegelegt. Das User-Interface ist gängig, die Funktionen tiefgründig und online lässt sich eine unglaubliche Breite an sowohl Entwickler-, als auch Nutzer-basierter Hilfestellung finden.

Viele haben über die Jahre versucht, dem Spitzenreiter Konkurrenz zu bieten. Alternativen wie Gimp und Inkspace streben dies durch Kostenfreiheit an und wollen so Nutzern einen Ausweg aus dem unbeliebten Subskriptionsmodell der Creative Cloud eröffnen, können jedoch nicht mit der Tiefe an Werkzeugen und Funktionen mithalten. Hingegen für die professionelle Anwendung geeignet, wenn auch nicht umsonst, sind CorelDRAW und QuarkXPress nicht zu vergessen. Dennoch ist auch bei diesen ein Grund für den Umstieg nur schwer ersichtlich. Der Workflow weicht zu stark von dem gewohnten der Adobe-Produkte ab, es scheint letztendlich immer etwas zu fehlen oder nicht genügend kompatibel mit anderen Programmen zu sein. Der Platzhirsch sichert sich so eine nahezu alternativlose Verwendungspflicht.

So konnte sich die Creative Cloud das Gestaltungsmonopol sichern und ist schwer aus den alltäglichen Prozessen der Hersteller und Grafiker wegzudenken. Denn was einmal gut funktioniert und gelernt wurde, wird gern beibehalten – egal wie hoch die Abneigung ist, monatlich zu zahlen.

Doch 2019 kam wieder Bewegung in den Desktop-Publishing-Markt. Das Softwareunternehmen Serif veröffentlicht mit Affinity Publisher eine hauseigene Antwort auf Adobe InDesign und stellt so eine Alternative zum Layouten von Druckerzeugnissen. Diese lässt sich problemlos mit den bereits länger bekannten Programmen Affinity Photo und Affinity Designer koppeln (welche ihrerseits die Gegenlösungen zu Adobe Photoshop und Illustrator darstellen) und ermöglicht so einen reibungslosen Handlungsablauf, ohne zwischen einzelnen Apps hin- und herwechseln zu müssen. Dadurch kommt es zu großen Zeitersparnissen im Gesamtworkflow – das Bearbeiten von Bildern, Erstellen von Vektorgrafiken und Layouten erfolgt auf einer einzigen Benutzeroberfläche.

Abschreckend scheint zunächst der große Zeit- und Energieaufwand zu sein, den das Integrieren und Erlernen der neuen Software mit sich bringt. Die meisten Verlage und Agenturen haben einen Großteil, wenn nicht sogar alle ihrer Vorlagen und Projekte als InDesign-Dateien vorliegen, sind mit den Programmen der Creative Cloud vertraut und sprechen von einer hohen Zufriedenheit in Bezug auf die Funktionalität. Doch auch diesen Umstieg erleichtert Affinity. Die Shortcuts der Adobe Software wurden nahezu identisch übernommen und eine Funktion, mit welcher man PDF einlesen und als mehrseitige Layout-Datei ausspielen lassen kann, wird stetig optimiert.

Zudem ist das Preismodell des Entwicklers Serif ein großes Plusargument. Während man für die Produkte der Creative Cloud monatlich 69,99€ als Agentur zahlen muss, sind die einzelnen Affinity Anwendungen zu einem einmaligen Preis von 54,99€ erhältlich. Kein Subskriptionsmodell und kein ständiges Anmelden über das Internet mehr!

In Bezug auf die Funktionalität scheint jedoch nach wie vor Adobe die Nase vorn zu haben. Während Affinity ein Zoom bis auf 1000000% und erweiterte Grid- und Snapping-Optionen bereitstellt, verfügen die Creative Cloud-Produkte über eine größere Anzahl von Export- und Import-Einstellungen, das unschlagbare Formerstellungswerkzeug in Illustrator und nützlichere Vorlagen.

Wie sieht es in Ihrem Unternehmen aus? Haben Sie die notwendige Zeit und Energie, um Ihren Workflow auf ein neues Programm umzustellen und dadurch den monatlichen Kosten zu entgehen? Wie hoch könnte die Zeitersparnis sein, welche die Anwendbarkeit sämtlicher grafischer Funktionen auf einer

Benutzeroberfläche mit sich bringt? Nicht vergessen: Affinity bietet einen gratis Testmonat, der bei der Entscheidung helfen kann. Viel Erfolg!

Damit verabschieden wir uns für diese Woche und sehen uns am Freitag im neuen Themenblock Wie lese ich mein Buch wieder.

Bis dahin!

Euer VdZu-Team

Autor des Artikels: Johannes Brack

4 Kommentare zu “Affinity vs. Adobe – Konkurrenz für den Platzhirsch?

  1. Guter Artikel, ich bin gerade am Einarbeiten in Affinity Photo, von dem ich immer mehr angetan bin. Da ich vor Jahren schon Lightroom den Rücken gekehrt hatte und Capture One Pro nutze, hängt mein Abo nur noch an Photoshop, von dem ich mich bald verabschieden will. Viele Schritte sind in Affinity Photo im Vergleich zu Photoshop identisch und in manchen Punkten hat man meiner Meinung nach sogar etwas weiter gedacht als die Kollegen bei Adobe. Das Einlernen in die Software macht vor allem mit dem Workbook ziemlich Spass.

  2. Lieber Herr Hablizel,

    vielen Dank für den Kommentar. Es tut uns leid, falls das missverständlich ausgedrückt wurde, wir wollten allerdings Gimp auch nur als eine Open-Source-Alternative zu Produkten der Creative Cloud darstellen, nicht direkt zu InDesign.
    Auch wir denken, dass Affinity erst dann richtig relevant wird, wenn es den Import von InDesign-Dateien anbietet, sehen aber großes Potential und sind gespannt, was Entwickler Serif noch vor hat!

    Liebe Grüße,
    Johannes

  3. Zwei Dinge sollten zunächst richtig gestellt werden: Die Alternative zu Indesign aus dem Open Source-Bereich ist nicht Gimp sondern Scribus. Gimp wäre eine Alternative zu Photoshop. „Inkscape“, wie es richtig geschrieben wird, ist eine Alternative zu Illustrator.
    Richtig ist aber dass Affinity im Agenturbereich, und somit leider auch für Freelancer,
    aufgrund der ganzen Datenbestände noch keine richtige Alternative darstellt. Erforderlich dafür wäre der Import von Indesign-Dateien in den Publisher. Photoshop und Illustrator kann man meines Erachtens durch die Serif Applikaionen ersetzen, wenn man zusätzlich Capture One für Bildentwicklung und Verwaltung einsetzt.
    Vielleicht schafft es Serif ja noch Indesign-Dateien zu importieren. Das neuere und elegantere Programm ist der Publisher ja jetzt schon …

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