Autorin: Charlotte Kuschka
Wer einen büchernahen Studiengang belegt, wird das Phänomen bestimmt kennen: im Hörsaal neben einem sitzen vorwiegend weiblich gelesene Personen. Vor uns Studierenden stehen dann jedoch fast ausschließlich männlich gelesene Dozierende und Professoren. Ein Problem, was über die Studienzeit hinaus geht. Denn auch in der freien Wirtschaft sind Führungspositionen seltener mit Frauen besetzt. Strukturelle Benachteiligung und Sexismus grenzen die Aufstiegschancen weiterhin ein. Gegen diese Probleme versuchen die Netzwerke „The Female Publisher“ und „BücherFrauen“ anzugehen und haben beide den Austausch, die Sichtbarmachung und die Vernetzung von Frauen in der Buchbranche im Sinn. Über ihre Arbeitsweise und Vorhaben haben Anne Friebel, Gründerin von „The Female Publisher“ und Marianne Eppelt, erste Vorsitzende der BücherFrauen, in zwei inspirierenden Gesprächen berichtet.
Die Netzwerke verfolgen die gleichen Ziele, jedoch unterscheiden sie sich in ihrer Struktur und in ihren Tätigkeiten. So sind die „BücherFrauen“ mit ihrer über 30 Jahre langen Geschichte ein eingetragener Verein mit etablierten Strukturen. Diese sind jedoch eher dem Vereinsaufbau geschuldet, denn hierarchisch sind die „BücherFrauen“ nicht organisiert, wie Marianne Eppelt betont: „Wir sind ein sehr basisdemokratisches Netzwerk. Ich bin zwar die Vorsitzende, aber das ist mehr so Verwaltungsaufgabe. Es ist nicht so, dass ich irgendwelche Diskussionen bestimme oder über irgendetwas Inhaltliches Entscheidungen treffe, sondern das kommt alles aus dem Netzwerk selbst!“
Der Input aus dem Netzwerk ist auch bei dem im Februar 2022 gegründete Netzwerk „The Female Publisher“ wichtig. So leben die bisherigen Treffen vor allem von den Mitglieder*innen, wie Anne Friebel erzählt: „Wir hatten im März unser Auftakttreffen, wo wir alle Interessierten dazu eingeladen haben, im Netzwerk ihre Erwartungen und Wünsche einzubringen. Das hatte eine hohe Resonanz und war sehr schön, die anderen Mitglieder kennenzulernen. Letztendlich bestimme ich ja nicht alleine, was wir da besprechen, sondern es ist eine gemeinsame Gestaltung des Netzwerkes. Da haben alle mal gesagt, was sie interessiert, welche Formate sie nutzen und so weiter.“ Anders als bei den „BücherFrauen“, richtet sich das Netzwerk „The Female Publisher“ jedoch vordergründig an Frauen in der Verlags- und Programmleitung, dies erklärt Anne Friebel so: „Ich habe gemerkt, dass die Themen, die ich direkt mit den Verlagsleiterinnen oder Programmleiterinnen bespreche, das sind oft nochmal andere, spezifischere Themen rund um die Verlagsgestaltung gewesen. Besonders strategischere Fragen. „Wie richtet ihr den Verlag aus? Wie entscheidet ihr über die Bücher? Wo lasst ihr drucken? Wie geht ihr mit bestimmten Themen um?“ Es richtet sich also an Frauen, die strategische Fragen in Bezug auf die Verlage beantworten müssen.“ Momentan treffen sich die Frauen alle ein bis zwei Monate, um sich auszutauschen und zu einem Schwerpunktthema zu sprechen, zum Beispiel Sichtbarkeit, Herstellung, Bestseller-Platzierung oder in Formaten wie Ask-Me-Anything mit erfahrenen Verlegerinnen. Zweimal jährlich sind außerdem persönliche Treffen auf den Buchmessen geplant. Ein richtiger Rhythmus muss sich bei dem noch jungen Projekt jedoch erst finden. Pläne für Erweiterung des Netzwerkes sind dennoch schon vorhanden, auch hier kommt die Initiative vor allem aus dem Netzwerk, wie Friebel berichtet: „Es gab zum Beispiel den Wunsch, dass es auch noch lokale „The Female Publisher“ Gruppen gibt, die sich in kleinerer Runde und live, also nicht über Zoom, treffen können. Also in den Großstädten zum Beispiel oder in Kreisen, da müssen wir mal sehen, wie wir das professionell aufsetzen können. Das sind eben alles Wünsche auch aus der Community. Da kommen wir gar nicht immer hinterher, das alles zu bearbeiten. Aber das ist bestimmt etwas, das sich in dem nächsten halben Jahr entwickelt. Was bereits geplant ist: Das nächste lokale Netzwerktreffen ist für Freitag, den 15. September, in Berlin geplant. Außerdem haben wir mittlerweile eine LinkedIn-Gruppe für alle Mitglieder für ganz konkrete Fragen an das Netzwerk. Das wird bereits gut genutzt.“
Das Engagement der Mitglieder*innen ist entscheidend für die Inhalte des Netzwerkes, aber auch für den persönlichen Gewinn, dies betont Marianne Eppelt: „Wenn du nichts reinsteckst, kriegst du auch nichts raus. Deswegen würde ich immer sagen: Mitmachen. Mitmachen hilft viel, um das Netzwerk kennenzulernen, um die Frauen kennenzulernen und auch wirklich, davon profitieren zu können, dass es da so viel Erfahrung gibt.“
Die bereits etablierten Vereinsstrukturen und die Größe des Netzwerkes „BücherFrauen“ bieten dabei vielfältige Möglichkeiten, sich zu engagieren und weiterzuentwickeln. Zum einen gibt es den Austausch in den Regionalgruppen, die sich jeden Monat zu einem Stammtisch oder einem Ausflug treffen. Zum anderen bieten die BücherFrauen verschiedene Weiterbildungsformate an, wie Eppelt erklärt: „Wir haben zum Beispiel die BücherFrauen–Akademie, die es schon sehr lange gibt und die ein Herzstück ist, und dann haben wir das Mentoring-Programm seit einigen Jahren. Was auch immer wieder ein wichtiges Thema ist, die Präsentation im Berufsleben, wie man als Führungskraft weiterkommt und wie man gut kommuniziert: „Ich bin jetzt der Boss, auch wenn ich weiblich bin oder weiblich gelesen bin.“ Mit diesen Fragen setzt man sich auseinander.“
Die Angebote sind dabei nicht nur an Frauen gerichtet, welche bereits in der Branche arbeiten und sich weiterentwickeln wollen, auch Studierende können von den Netzwerken profitieren. Vor allem “die BücherFrauen” bieten dort gute Möglichkeiten, um den Einstieg in die Buchbranche zu erleichtern. Eppelt empfiehlt das Mentoring-Programm zum Studienabschluss, wenn man schon eine Vorstellung davon hat, wo es beruflich hingehen soll. Aber auch darüber hinaus bietet die allgemeine Vernetzung in den Regionalgruppen oder digitalen Treffen gute Möglichkeiten, wie Eppelt aus eigener Erfahrung weiß: „Ich bin tatsächlich nach meinem Studium eingetreten, bevor ich einen Job in der Branche hatte, und habe dann über die Mailingliste meinen Volontariatsplatz gefunden.“
Das Netzwerk „The Female Publisher“ richtet sich zwar vor allem an Frauen in der Programm- und Verlagsleitung, doch Friebel schließt den Kontakt mit Studierenden nicht aus: „Vielleicht könnte man eben auch ein Event machen, wo man ganz explizit sagt: “Studentinnen kommt mit dazu!”, und dann setzen wir vielleicht mal ein Thema, das den Austausch ein bisschen mehr begünstigt zwischen Studierenden und Verlagen. Auch sowas wie ein Mentoring könnte ich mir perspektivisch vorstellen. Dass man auch gezielt weibliche Studierende darin bestärkt, mal selber einen Verlag zu gründen.“
Beeindruckend bei den umfangreichen Tätigkeiten der Netzwerke ist, dass alle Arbeit überwiegend ehrenamtlich geschieht. Beide Netzwerke bieten dabei eine sehr individuelle Möglichkeit, sich als FLINTA*- Person zu vernetzen und in der Buchbranche weiterzuentwickeln. In den Netzwerken engagieren kann sich jede Person, die die Überzeugungen der Netzwerke vertritt. Die Mitgliedschaft bei „The Female Publisher“ ist dabei kostenfrei. Bei den „BücherFrauen“ fällt hingegen ein Mitgliedsbeitrag an, den es jedoch auch in ermäßigter Form gibt.
Wer mehr über die Netzwerke erfahren möchte und Lust hat, sich zu vernetzen, findet hier weitere Informationen: https://thefemalepublisher.com/ ; https://www.buecherfrauen.de/wir-buecherfrauen/organisation .
Auch auf der Frankfurter Buchmesse werden beide Netzwerke vertreten sein und es gibt die Möglichkeit, sich in einem persönlichen Gespräch auszutauschen.