Sind Kleinverlage auf die Auswirkungen der Digitalisierung vorbereitet? Auswertung einer Studie von Prof. Figge

Mit den Absatzzahlen der Bücher sinkt seit Jahren auch die Anzahl der Kleinverlage. Dies scheint zwar eine Gruppe zu sein, die sich in der Vergangenheit noch recht sicher gehalten hat, allerdings kann es ein fataler Fehler sein, von dieser Vergangenheit auf die Zukunft zu schließen. Dies sagt eine Studie eines Forschungsteams unter der Leitung von Prof. Figge von der HTWK in Leipzig und Dr. Ulrich Becker aus, in der Besagter Kleinverlage im Jahr 2020 befragt hat, wie diese die digitalisierungsbedingten Veränderungen in der Verlagsbranche wahrnehmen und auf diese reagieren.

Dabei lassen sich fünf Cluster erkennen: Der Großteil der Verlage lässt sich als Traditionell (27,8%) oder Einsteiger (52,8%) charakterisieren und hat die größten Verbesserungs- oder Optimierungspotenziale, sei es in der Produktion, in der Innovation oder im Vertrieb. Beide Cluster fühlen sich nicht von der Digitalisierung gefährdet und beobachten den Markt eher wenig, wodurch eine Anpassung nur langsam vorangehen kann. Der Kern ihrer Arbeit ist weiterhin das gedruckte Buch, weshalb nur wenige Daten medienneutral gehalten werden und vor allem die Traditionellen sich schlecht auf Herausforderungen wie die Metadatenvergabe vorbereiten. Dies führt dazu, dass die Mehrheit der deutschen Kleinverlage in längerer Sicht nicht wettbewerbsfähig ist, sollte man sich nicht mehr mit der Thematik auseinandersetzen und auf diese reagieren.

Hoffnung zeigen drei Gruppen auf, die zwar Minderheiten darstellen, jedoch sich sehr gut auf die digitalisierungsbedingten Veränderungen vorbereiten oder auf einem guten Weg dorthin sind. Zu diesen Gruppen gehören die Digitalen (5,6%), die Dienstleister (8,55%) und die Avantgarde (5,6%). Diese verfolgen zwar verschiedene Strategien, sehen jedoch überwiegend positive Einflussfaktoren von digitalen Produktionen auf den Geschäftserfolg und bereiten sich gut auf Veränderungen, wie der Verwaltung von Metadaten, vor. So konzentrieren sich die Digitalen vor allem auf die Inhaltsbeschaffung und den Einsatz der sozialen Medien im Marketing. Die Dienstleister sind überwiegend in einem Nischenbereich tätig, indem sie ältere Zielgruppen ansprechen und oftmals Dienstleistungen für Selfpublisher anbieten. Ebenfalls steht dieses Cluster neuen Geschäftsmodellen am positivsten gegenüber. Das letzte Cluster, die Avantgarde, hebt sich von den anderen ab, da fast alle Stufen ihrer Wertschöpfungskette konsequent digitalisiert sind. Daher wurde hier bereits ein hoher Stand in der digitalen Produktion erreicht und es wird viel Wert auf die Marktbeobachtung gelegt, um diesen Stand zu halten.

Doch wie können die Kleinverlage gefördert werden, damit ihre Chancen auf eine langfristige Wettbewerbsfähigkeit steigen und die kulturelle Vielfalt in der Buchbranche erhalten bleibt? Prof. Figge gibt hierzu klare Empfehlungen und Vorschläge. Vor allem sei es wichtig, Aufklärung über die Bedeutung der Digitalisierung für den Markt zu schaffen. Sei es das Aufzeigen der realen Marktsituation und -Entwicklung oder das Schaffen eines Verständnisses von verschiedensten Strategien und Maßnahmen, um auf einen digitalisierenden Markt weiterhin effizient zu bleiben. So könnte gefördert werden, dass die Avantgarde ihr Wissen an andere Kleinverlage weitergibt oder sich mehrere Kleinverlage gruppieren, um Synergieeffekte zu nutzen. Als Bedingung zur Förderung wird allerdings gesetzt, dass die Sicht der Kleinverlage eine zukunftsorientierte Entwicklung überhaupt zulässt.

 

Autorin: Antonia Dorndorf

Lektorin: Julia Degenkolb

 

Quelle: Forschungsbericht von Prof. Figge, Forschungsprojekt im Lehrgebiet Electronic Publishing und Multimedia, Sommersemester 2020

 

Ansprechpartner:

Prof. Figge

HTWK Leipzig

Lehrgebiet Electronic Publishing und Multimedia

Mail: friedrich.figge@htwk-leipzig.de

 

Kurzlebenslauf:

Prof. Figge übernahm 2004 das Lehrgebiet Electronic Publishing und Multimedia an der HTWK Leipzig. Vorher war er Verlagsleiter im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) nach Stationen als Leiter Neue Medien, Online-Manager, Projektleiter für Geschäftsfeldentwicklung und Business Analyst u. a. bei Bertelsmann und Reed Elsevier. Er hat Wirtschaftswissenschaften und Kunstgeschichte in Berlin, München und Madrid studiert.

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