Fast wie ein echtes Buch…

Cover für den Kindle ©Oberon Design

Johannes Haupt, Chefredakteur und Herausgeber von lesen.net, beschreibt in seinem Artikel „Neue eReader-Mäntel imitieren Bücher“ den Trend, eReadern das „Look and Feel eines Buches zu geben“. Stimmt das wirklich?

eReader-Hüllen aus Leder & Leinen – damit versuchen Hersteller einem Hauptproblem von elektronischen Lesegeräten entgegen zu wirken: die fehlende Haptik. Das widerstandsfähige Material eines Einbandes, der Geruch des weichen Papieres und das sanfte Rascheln der Seiten – für Liebhaber „klassischer“ Bücher immer noch unverzichtbar.

Hier versuchen Hersteller von eReader-Zubehör anzusetzen, um buchaffine Leser verstärkt zum Kauf der Geräte zu bewegen. Das Angebot an „Mänteln“ ist in jeder Hinsicht vielfältig: es reicht von niedrigpreisiger Ware unabhängiger Dritthersteller bis zu hochpreisigen Artikeln der eReader-Produzenten Amazon, Sony & Co. Dabei sind mittlerweile pink- oder neongrünfarbene Markenhüllen aus Hochleistungskunststoffen für unter 10 Euro erhältlich, während sich gleichzeitig ein Luxuxsegment für Designer-Cover ab 100 Euro entwickelt. Die verwendeten Materialien reichen von Leder und Kuhfell bis zu Neopren, vom Soft- bis zum Hard-Case Cover. Optisch sind manche Schutzhüllen kaum von Büchern zu unterscheiden. Ist sogar der Geruch der Geräte nach „echten“ Büchern in der digitalisierten Zukunft möglich? Der Kult, der in US-amerikanischen hand-made Foren um das individualisierte Cover gemacht wird, muss auch jedem noch so buchbegeisterten E-Buch-Verweigerer mindestens ein Schmunzeln abgewinnen!

Allerdings gilt wie überall: je aufwendiger die Verarbeitung und je teurer das Material, um so mehr zahlt der Kunde für das vertraute Leseempfinden. Denn Schutzhüllen sind laut Haupt nicht im Lieferumfang der Lesegeräte enthalten. Außerdem erschweren (im wahrsten Sinne des Wortes) gerade aufwändig gestaltete Lederhüllen das komfortable Lesen.

Letztlich entscheidet der Geschmack und Geldbeutel der eReader-Nutzer. Technikbegeisterte werden die Buchoptik vermutlich nicht präferieren. Ob der buchähnliche Umschlag klassische Leser vom elektronischen Lesen überzeugen kann, bleibt abzuwarten. Vielmehr macht es momentan nämlich den Anschein, als wären die sogenannten Early Adopters nicht nur technikaffin, sondern gleichermaßen mit einem großen Hang zum Individualismus ausgestattet und darüber hinaus schlichtweg an der sicheren Aufbewahrung ihrer Geräte interessiert. Von einem Lesefreund, der sich einen Reader zulegt, weil die Hüllen jetzt so schön sind, haben wir noch nichts gehört.

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