Ab dem 1. August treten umfangreiche Änderungen bezüglich des Urheberrechts in Kraft. Aufgrund der Digitalisierung entschied man sich für neue Regelungen, welche weitreichende Folgen für unsere Nutzung von Upload-Plattformen haben werden.
Die wichtigsten Informationen einmal hier im Überblick:
- Verlage werden wieder an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaft Wort beteiligt. Sofern Privatkopien, Bibliotheksausleihen oder anderer gesetzlich erlaubter Nutzung der Werke angefertigt werden, zahlen die entsprechenden NutzerInnen Geld an die Verwertungsgesellschaft, welche dann bis 2015 zwischen AutorInnen und Verlagen aufgeteilt wurden. 2015 entschieden der Bundesgerichtshof und der Europäische Gerichtshof, dass diese Einnahmen allein den VerfasserInnen zustehen.
- Das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz erhält eine vorzeitige Entfristung der Schrankenregelungen, die ursprünglich bis 2023 galten. Das heißt, Bildungseinrichtungen dürfen auch nach diesem Zeitpunkt unter anderem 15 Prozent eines veröffentlichten Werks ohne Genehmigung, dafür mit pauschaler Abgeltung für Unterrichtszwecke verwenden, vervielfältigen und verteilen.
- Auch die verstärkte Haftung der Plattformen für Urheberrechtsverstöße ihrer UserInnen wird künftig Teil des deutschen Gesetzes sein, Uploadfilter inklusive, auch wenn diese nicht explizit vorgeschrieben sind.
- Gestattet sind Inhalte, welche nur in geringem Umfang andere Schöpfungen verwenden. Konkret heißt das, dass diese Nutzung 15 Sekunden Film, 15 Sekunden Tonspur, 160 Zeichen Text oder bis zu 125 Kilobyte für ein Foto oder eine Grafik nicht überschreiten darf.
Der Vorschlag des Bundesrates, die Position bei der Verhandlung von Lizenzen zu verbessern, wurde abgelehnt. VerlegerInnen sollten deshalb den öffentlichen Bibliotheken für digital erschienene Bücher Nutzungsrechte einräumen.
Regelungen des deutschen Urheberrechts
Das Urheberrecht schützt den/ die UrheberIn in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in dessen Nutzung. Die WerkschöpferInnen können dabei nur natürliche, keine juristischen Personen sein. Dabei dürfen nur die jeweiligen SchöpferInnen des Werkes über dessen Nutzung entscheiden.
Das Urhberrecht ist nicht übertragbar, lediglich Nutzungsrechte können übertragen werden, z.B. in Form des Verlagsvertrages, in dem sich der Verlag Haupt- und/ oder Nebenrechte sichert. Im Todesfall kann das Urheberrecht an RechtsnachfolgerInnen vererbt werden, ansonsten erlischt es 70 Jahre nach dem Versterben des Autors/ der Autorin. Der Schutz bezieht sich sowohl auf die ideellen als auch materiellen Interessen des Urhebers/ der Urheberin bezüglich des geschaffenen Werkes.
Laut Gesetzgeber sind folgende Werke geschützt:
- Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;
- Werke der Musik;
- pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst;
- Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke;
- Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden;
- Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden;
- Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.
Das deutsche Urheberrechtsgesetz gilt im deutschen Raum und schützt die Werke nationaler Staatsangehöriger. Durch die Berner Übereinkunft und diverse Zusatzverträge einigte man sich jedoch auf die gegenseitige Anerkennung zwischen den souveränen Staaten. Diese Abmachung haben aktuell 174 Staaten unterzeichnet.
Historische Entwicklungen
Seit über 100 Jahren werden literarische und musikalische Werke urheberrechtlich geschützt, 1901 wurde das entsprechende Gesetz verabschiedet. Im Laufe der Zeit hat sich einiges getan, immer schnellere Entwicklungen beeinflussen unsere Gesellschaft. Neue Kanäle der Verbreitung und Herstellungsmethoden wurden erarbeitet und die Industrialisierung trug zur immensen Ausbreitung von Massengütern bei.
Die technische Entwicklung, mit der unter anderem die Erstellung von privaten Kopien ermöglicht wurden, stellten das Urheberrecht vor neue Herausforderungen. Spätestens mit der Erfindung des Internets 1969, nahm die Vernetzung der Welt ein rasantes Wachstum an. Somit bedurfte es vieler Überarbeitungen des Urheberrechts im Laufe der Geschichte.
Das neue Urheberrecht
Mit der fortschreitenden Digitalisierung soll das Urheberrecht nun an jene Entwicklungen angepasst werden. Deshalb beschloss die Europäische Union im April 2019 nach drei Jahren Bearbeitungszeit die „Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“.
Aktuell verfolgen die großen Social-Media-Plattformen das Notice-and-Takedown-Prinzip. Wenn sie eine Verletzung des Urheberrechts bemerken bzw. diese gemeldet wird, sollte diese gelöscht werden. Problematisch dabei ist der langsame Bearbeitungsprozess, da sich die Inhalte im World Wide Web rasch ausbreiten können.
RechteinhaberInnen sollen deshalb in der digitalen Sphäre besser geschützt werden, außerdem möchte man in Europa ein einheitliches Urheberrecht wahren. Dadurch soll der Zugang zu online verfügbaren Inhalten ausgeweitet und ein effektiverer Markt geschaffen werden.
Diskutiert, demonstriert und doch beschlossen
Eigentlich klingt das Ganze vielversprechend – mehr Schutz der UrheberInnen in der digitalen Sphäre, weniger Verstöße gegen Gesetz. Und doch gingen 2019 etliche Menschen auf die Straße, um gegen die Urheberrechtsreform der EU zu demonstrieren.
Grund dafür ist Artikel 17 des Gesetzesentwurfs, welcher den Umgang mit „Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten“ regelt. Somit werden Upload-Plattformen ab einer bestimmten Reichweite, wie beispielsweise YouTube, verstärkt in die Pflicht genommen, die Haftung für die Urheberrechtsverstöße ihrer NutzerInnen zu übernehmen, da diese oft schwer zu ermitteln sind bzw. anonym agieren. Jedoch ist es unmöglich für den jeweiligen Betreiber, in der Fülle des Contents alle Beiträge auf etwaige Verstöße zu kontrollieren. Gleichzeitig möchten jene kein Risiko eingehen bzw. so wenig wie möglich Lizenzen erwerben. Deshalb ist eine Kontrolle vor dem Upload der Inhalte notwendig.
Und das ist der Streitpunkt: Am besten umsetzen ließe sich dies mit Uploadfiltern, eine Technik, die Inhalte erkennt und auf Zuwiderhandlungen gegen das Urheberrecht prüft.
Kritiker fürchten, dass es dadurch zur Einschränkung der Meinungsfreiheit und zur Verringerung der Vielfalt kommen könnte, da sich diese Art der Technologie nur die Big Player leisten können. Diese wiederum könnten ihre Lösung als Lizenzen anbieten, sodass kleinere Plattformen auf den Erwerb dieser Technik angewiesen sind. Das könnte YouTube und Co. zu den Profiteuren der Reform machen.
Des Weiteren sollen die Schaffenden durch einen direkten Vergütungsanspruch an den Lizenzeinnahmen beteiligt werden.
Das ebenfalls neu eingeführte „Leistungsschutzrecht für Presseverleger“ regelt, dass BetreiberInnen von Online-Seiten, die kleine Textausschnitte verwenden, an die jeweiligen VerfasserInnen Lizenzgebühren bezahlen.
Die Umsetzung in Deutschland
Die Richtlinie der EU gibt einen Rahmen vor, die Umsetzung in nationales Recht liegt bei den Staaten selbst und kann individuell angepasst werden.
Leicht verspätet beschloss der Bundestag nun am 20. Mai die „Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts“, welche zum 7. Juni in Kraft trat.
Die Umsetzung der neuen Regelungen wird ab 1. August erfolgen. Dabei bleibt abzuwarten, wie diese konkret aussieht und ob die von den GegnerInnen beschriebenen Horror-Szenarien wirklich zur Realität werden.
Autorin: Michaela Gerland
Textquellen
Buchreport (2021): Bundestag verabschiedet Urheberrechtsreform: Verlegerbeteiligung wird wieder hergestellt. Online verfügbar unter https://www.buchreport.de/news/eu-urheberrechtsreform-bundestag-stellt-verlegerbeteiligung-wieder-her/?utm_source=mailpoet&utm_medium=email&utm_campaign=Test-Mailpoet+3+NL, zuletzt geprüft am 22.06.2021.
Datenschutzexperte.de (2019): EU-Urheberrechtsreform erklärt: Was ändert sich?. Online verfügbar unter https://www.datenschutzexperte.de/blog/datenschutz-im-internet/eu-urheberrechtsreform-was-aendert-sich/, zuletzt geprüft am 22.06.2021.
Dejure.org (o.J.): Urheberrechtsgesetz. Online verfügbar unter https://dejure.org/gesetze/UrhG/2.html, zuletzt geprüft am 16.06.2021.
Gehring, Robert (2013): Geschichte des Urheberrechts. Online verfügbar unter https://www.bpb.de/gesellschaft/medien-und-sport/urheberrecht/169977/geschichte-des-urheberrechts, zuletzt geprüft am 22.06.2021.
Kaufmann, Annelie (2021): Neue Regeln fürs Netz. Online verfügbar unter https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bundestag-beschliesst-urheberrechtsreform-uploadfilter-livestreams-fuball-memes-eu-richtlinie/, zuletzt geprüft am 22.06.2021.
Rath, Christian (2019): Lecker Tantiemen für Verlage. Online verfügbar unter https://taz.de/Urheberrechtsreform-und-VG-Wort/!5582139/, zuletzt geprüft am 22.06.2021.
Schieb, Jörg (2021): EU-Urheberrechtsreform: Ziele, Folgen und Chancen der umstrittenen Richtlinie. Online verfügbar unter https://www.sistrix.de/frag-sistrix/seo-talks/eu-urheberrechtsreform/, zuletzt geprüft am 22.06.2021.
Urheberrecht.de (2021): Urheberrechtsgesetz: Rechtliche Grundlage für den Urheberrechtschutz. Online verfügbar unter https://www.urheberrecht.de/urheberrechtsgesetz/, zuletzt geprüft am 16.06.2021.
Von Koenigsmarck, Michaela (2014): Das deutsche Urheberrecht. In: Breyer-Mayländer, Thomas (Hrsg.): Wirtschaftsunternehmen Verlag. Märkte analysieren und bewerten, Herstellungsprozesse verstehen und planen, Medialeistungen bewerben und verkaufen, Medienprodukte vertreiben, Arbeitsprozesse in Redaktion oder Lektorat organisieren. 5. Auflage, Frankfurt (Main): Bramann Verlag. S. 67-76.
Bildquellen
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