Alternative Papierprodukte

Alles beginnt mit meinem vollen Bücherregal. Über sechs Regalbretter hinweg erstrecken sich sowohl dick gebundene, mit einem Umschlag versehene Druckwerke als auch schlanke Taschenbücher. Darunter befinden sich unter anderem Werke aus dem Fantasy-Genre wie die Geschichte „Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär“ von Walter Moers. Daneben (teils abgenutzte) Schulbuchlektüren, wie der bekannte „Faust“ von Johann Wolfang von Goethe und Friedrich Dürrenmatts Werk „Der Besuch der alten Dame“. Eine Regalreihe ist mit alten Werken des Autors Jules Verne und Buchtiteln von Max Frisch belegt. In der ein oder anderen Lücke finden sich Liebesromane sowie Zeichen- oder Notizbücher wieder.

Um ehrlich zu sein, bin ich mir unsicher, woher das Material eines einzigen Buches kommt und woraus dieses im Einzelnen besteht. Für einen bewussteren Umgang mit Büchern habe ich mich näher mit dem Herstellungsprozess sowie mit alternativen Varianten von Papier beschäftigt.

Bereits in unserem Beitrag vom 03. Mai 2021 sind wir kurz vorstellend darauf eingegangen, welche Probleme die Buchproduktion und der Konsum von uns LeserInnen hinsichtlich der Nachhaltigkeit mit sich bringen. Anstatt einer Kolumne werden wir zukünftig unsere Meinungen und Rechercheergebnisse in Form von Berichten veröffentlichen. 

Fakt ist: Die Papierherstellung ist eine Umweltbelastung mit Folgen. Für die Gewinnung der Primärfasern müssen ganze Wälder gerodet werden, wodurch es zum kontinuierlichen Waldschwinden kommt.  Von Primärfasern ist die Rede, wenn Frischfasern aus pflanzlichen Rohstoffen, in diesem Fall Holz, gewonnen werden, um Neupapier herzustellen. Durch den immensen Energieverbrauch für die Papierproduktion wurden laut einer Studie im Jahr 2018 alleine in Deutschland etwa 10,7 Millionen Tonnen CO2 freigegeben. Zusätzlich entsteht bei den langen Transportwegen des Papierfaserimports ein CO2-Ausstoß, der keinesfalls unerheblich ist. Auch wenn Deutschland Europas größter Papierproduzent ist, werden die für die Herstellung benötigten Holzfasern nach Angaben des Umweltbundesamts zu 80 % aus dem Ausland importiert. Zudem gelangen bei der Papierproduktion Schadstoffe in Wasser, Luft und Boden. 

Eine Studie zum aktuellen Anteil nachhaltiger Bücher auf dem Markt konnten wir bei der Recherche leider nicht finden. Wir gehen jedoch davon aus, dass der weitaus größte Anteil der rund 70.400 Neuerscheinungen aus dem Jahr 20191 noch immer aus Holzfaserbüchern besteht. 

  

Welche umweltfreundlicheren Alternativen gibt es im Vergleich zur üblichen Papierherstellung? 

  

Umweltzeichen Blauer Engel für Papierprodukte 

Der Blaue Engel ist das Umweltzeichen der Bundesregierung: „Produkte und Dienstleistungen, die mit dem Blauen Engel ausgezeichnet werden, sind umweltfreundlicher als vergleichbare, konventionelle Produkte und Dienstleistungen.“2 Recyclingpapier ist hierbei das berühmteste Blauer Engel-Produkt. Aufgrund der Tatsache, dass die Gewinnung der Papierfasern zu 100 % aus Altpapier erfolgt, werden unsere Wälder geschont. Denn dadurch müssen weder Bäume gefällt noch Lebensraum für Tiere und Pflanzen zerstört werden. Insgesamt spart das Recyclingpapier in seiner Herstellung ca. 70 % Wasser und 60 % Energie gegenüber Primär- bzw. Frischfaserpapier ein. Dem Papier werden keine schädlichen Chemikalien oder optischen Aufheller zugesetzt. Auch die Ökobilanzen für graphische Papiere, die das Umweltamt im Jahr 2000 veröffentlicht hat, bestätigten bereits zu dieser Zeit, „dass Altpapier im Vergleich zu Holz ein umweltfreundlicherer Rohstoff zur Papierherstellung ist.“3 

  

Steinpapier 

Ursprünglich ist das Steinpapier vor etwa 20 Jahren in Taiwan entstanden, wo es auch heute noch produziert und schließlich nach Europa exportiert wird. Für die Herstellung von Steinpapier muss weder ein Baum gefällt noch Trinkwasser verbraucht werden.  Und im Gegensatz zur üblichen Papierproduktion werden so viele Kilowattstunden eingespart, wie ein Vier-Personen-Haushalt jährlich verbrauchen würde. Steinpapier besteht nach Angaben der Hersteller zu 80 % aus Calciumcarbonat, einem Abfallprodukt der Bergbauindustrie, welches ebenfalls als Kalksteinmehl bezeichnet wird, und zu 20 % aus recyceltem Polyethylen. Kurzum: Es handelt sich bei Steinpapier um einen Kunststoff. Nun werden sicherlich einige LeserInnen laut aufschreien, wie wir bei der gewählten Thematik einen Kunststoff erwähnen können. Doch diese Papierart ist beliebig oft recycelbar, sodass es mittlerweile sogar mit dem „Cradle to Cradle“-Zertifikat ausgezeichnet ist. Übersetzt man diesen Ausdruck, heißt er „Wiege zu Wiege“. Hiermit soll verdeutlicht werden, dass Produkte, die diesen Titel tragen, keinen Abfall erzeugen, sondern stets zu neuen Produkten wiederverwertet werden. Aufgrund der Zugehörigkeit von Steinpapier zu Kunststoff soll das Papier sowohl wisch- als auch wasserresistent sein. Zudem kann es je nach Stärke auch zäh bis reißfest sein. Dies eignet sich besonders gut für Produkte, die einem häufigen oder Outdoor-Gebrauch ausgesetzt sind. Wichtig zu beachten ist jedoch, dass Steinpapier als Kunststoff in der gelben Tonne entsorgt werden muss. 

  

Graspapier 

„Matabooks“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, vollkommen vegane Bücher herzustellen. Zum einen verzichtet der Dresdner Verlag bei der Produktion seiner Bücher gänzlich auf tierische Bestandteile, welche sonst in der herkömmlichen Herstellung in den Druckfarben, dem Buchbinderleim und den Bucheinbänden enthalten sind. Hierbei wird ebenfalls keine Chemie eingesetzt. Eine weitere Besonderheit von Matabooks ist der Druck auf Graspapier. Das Papier selbst hat einen Grasfaseranteil von bis zu 50 %, der übrige Primär- bzw. Frischfaseranteil wird in FSC-zertifizierten Wäldern abgebaut, wobei dieser Teil auch durch recycelte Papierfasern ersetzt werden kann. Das Gras ist ein in Deutschland ausreichend vorhandenes Naturprodukt und stammt von ungedüngten Überschussflächen, die derzeitig nicht bewirtschaftet werden. Sogar bei intensiver Flächennutzung wird die Artenvielfalt nicht beeinträchtigt, sie kann weiterhin gewährleistet werden. Des Weiteren findet man das Gras für Matabooks‘ Produkte in der näheren Umgebung der Papierfabrik vor, sodass durch die geringeren Transportwege im Vergleich zur Papierproduktion aus Holzfasern bis zu 75 % der CO2-Freigabe vermieden werden können.  

Für eine ausführlichere Betrachtung des Unternehmens Matabooks könnt ihr gerne den Blogartikel Wie „Matabooks“ die Nachhaltigkeit in der Buchbranche wachsen lässt lesen, welcher von Studierenden eines früheren Semesters publiziert wurde. 

  

Zum Schluss noch eine kurze Anmerkung: Natürlich sind wir uns der Tatsache bewusst, dass weitaus mehr Alternativen der Papierherstellung existieren. Wir beschränken uns jedoch auf eine kleine Auswahl, die wir als besonders innovativ, herausstechend oder aber aus umweltfreundlicher Perspektive als wirksam empfinden. 

Auf Wiederlesen und bis übernächste Woche! 

  

Autorinnen: Marie Taubert und Lea Reich 

 

Quellen:

1 – Statista (2020): Buchtitelproduktion in Deutschland bis 2019. Online verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/39166/umfrage/verlagswesen-buchtitelproduktion-in-deutschland/, zuletzt aufgerufen am: 15.05.21

2 Blauer Engel (o.J.): Papier und Druck. Online verfügbar unter: https://www.blauer-engel.de/de/produktwelt/papier-druck, zuletzt aufgerufen am: 14.05.2021 

3 – Umweltbundesamt (2014): Zellstoff- und Papierindustrie. Online verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/industriebranchen/holz-zellstoff-papierindustrie/zellstoff-papierindustrie#rohstofferecycling, zuletzt überprüft am 14.05.2021

Hierer, Christine (2020): Papierherstellung: Umweltbelastung mit Folgen – Darum sollten wir mehr Papier sparen! Online verfügbar  unter: https://blog.rebuy.de/nachhaltigkeit/papierherstellung-umweltbelastung/, zuletzt aufgerufen am: 14.05.2021 

Hillauer, Rebecca (2016): Wenn aus Stein Papier wird. Online verfügbar unter: https://www.deutschlandfunk.de/umweltfreundliche-alternative-wenn-aus-stein-papier-wird.697.de.html?dram:article_id=346091, zuletzt aufgerufen am: 14.05.2021 

Matabooks (o.J.): Vegane Bücher aus Graspapier. Online verfügbar unter: https://www.matabooks.de/graspapier/, zuletzt aufgerufen am: 14.05.2021 

Schönheit, Evelyn (2015): Wie lässt sich der Nutzungsdruck auf Wälder wirkungsvoll senken? Online verfügbar unter: https://www.forumue.de/wp-content/uploads/2016/01/Kurzstudie-Verbrauchsred_FUE.pdf, zuletzt aufgerufen am 15.05.2021 

SPS-Paper.de (o.J.): Primärfasern. Online verfügbar unter: https://www.sps-paper.de/lexikon/Primaerfaser, zuletzt überprüft am: 14.05.2021 

Statista (2020): Kohlendioxid-Emissionen bei der Herstellung von Papier und Pappe in Deutschland in den Jahren 1995 bis 2018. Online verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/483406/umfrage/kohlendioxid-emissionen-bei-der-herstellung-von-papier-und-pappe-in-deutschland/, zuletzt überprüft am 14.05.2021 

Umweltbundesamt (2014): Zellstoff- und Papierindustrie. Online verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/industriebranchen/holz-zellstoff-papierindustrie/zellstoff-papierindustrie#rohstofferecycling, zuletzt überprüft am 14.05.2021 

Menke, Justus (2020): Grüne Bäume Und Brauner Boden. Online verfügbar unter: https://www.pexels.com/de-de/foto/grune-baume-und-brauner-boden-5214145/, zuletzt aufgerufen am 15.05.2021 

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