„Im Grunde meiner Seele stehe ich einem E-Book gegenüber wie ein Pferdezüchter von 1900 dem Automobil.“

© Renate von Mangoldt Werden Sie zukünftig selbst Ihre Bücher als E-Books publizieren? Kleiner Exkurs: Als junger Mensch und Leser habe ich mich gewundert, dass ein zeitgenössischer Schriftsteller wie Thomas Mann solche archaischen Wörter benutzt wie „Thee“ oder „Automobil“. Dass es eine Zeit der Prägung gibt, nach der man gewisse Dinge für gegeben ansieht, war mir damals nicht klar. Heute sehe ich, dass ich auch so funktioniere: Meine Prägezeit war die Kugelkopfschreibmaschine, deren Modernität ich wirklich bewundert habe. Meine technische Begeisterung reichte bis zum Schneider Joyce, wo man eine ganze Zeile speichern konnte. Das war ein echter Fortschritt gegenüber Tippex….

„Schätzungsweise 90% der Buchproduktion sind absolut überflüssig und verzichtbar.“

© Renate von Mangoldt Immer wieder wird auf die nicht gerade rosige Zukunft der Verlagsbranche hingewiesen. Hat das Buch Ihrer Meinung nach noch eine Zukunft? Ich bin kein Prophet, ich habe mich immer sehr viel mehr für die Vergangenheit als für die Zukunft interessiert (die automatisch kommt) und tue mich sehr schwer mit Vorhersagen, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Dies vorausgeschickt, muss man sagen: Es gibt ja nicht weniger, sondern immer mehr Bücher. Ein gebildeter Deutscher um 1800 konnte noch die gesamte Jahresproduktion innerhalb des Erscheinungsjahres lesen, wenn ihm danach war. Auch im Vergleich zur Situation von sagen…

Bücher und Schrift im Wandel der Zeit

Seit März 2012 präsentiert die Dauerausstellung „Zeichen – Bücher  – Netze: Von der Keilschrift zum Binärcode“ des Deutschen Buch- und Schriftmuseums in Leipzig verschiedenste Formen der gedruckten Medien und ihre Entwicklung im Laufe der Epochen. Ca. 1000 Ausstellungsstücke führen hierbei von der Entwicklung der Schrift, über den Buchdruck bis zur Entstehung digitaler Netzwerke durch die Mediengeschichte der Menschheit. Zu Beginn findet man in den Vitrinen die Ursprünge der schriftlichen Aufzeichnungen wie Knotenschnüre und Kerbhölzer, um dann die Entwicklung von Bild-, Symbol- und Buchstabenschriften mit zu verfolgen. Auch die Entwicklung verschiedener moderner Schriftfamilien und ihre Anwendungsgebiete in der Typographie werden anschaulich…

„Wollen Sie wirklich aus Eitelkeit die unüberschaubare Liste überflüssiger Bücher verlängern helfen?“

© Renate von Mangoldt Was würden Sie jungen Schriftstellern raten, die ihr erstes Buch veröffentlichen wollen? 1) Einsamkeit und innere Unabhängigkeit. Kollektive schreiben keine Bücher, Kollektive verbessern auch keine Bücher. Mutige Entscheidungen, neue Ideen kommen von Einzelnen und werden, wenn sie mutig und neu sind, von anderen abgelehnt. Wer in seinem Bekanntenkreis mehr als 10% Schriftsteller und Feuilletonjournalisten und Leute hat, die „irgendwas mit Büchern“ machen, liegt falsch und gräbt sich seine Quellen zu. 2) Eine abgeschlossene Berufsausbildung und einen Beruf. Das kann alles sein außer Literaturwissenschaftler. Literaturwissenschaftler sind nicht die Leute, die Bücher schreiben, sondern die, die wissen, wie…

„Die Verlage, von denen ich träumte, wollten mich nicht, so einfach ist das.“

© Renate von Mangoldt Ihre Bücher sind bei 5 verschiedenen Verlagen erschienen. Warum publizieren Sie nicht all Ihre Bücher bei einem Verlag? Auf welche Aspekte legen Sie besonders Wert bei der Zusammenarbeit mit Verlagen? Ich habe wie viele Anfänger meiner Generation den heute obsoleten Traum von der lebenslangen Verlagsbindung geträumt. Dazu braucht es immer zwei: Die Verlage, von denen ich träumte, wollten mich nicht, so einfach ist das. Also geht man zu anderen. Die machen pleite, also sucht man sich einen neuen. Der wird von Bertelsmann gekauft, und man selbst wird mitverkauft und wenn man das nicht will, dann hat…