Self Publishing ist kein neues Phänomen auf dem Buchmarkt, denn schon immer gab es Autoren, die ihre Bücher im Eigenverlag veröffentlicht haben, der Ursprung des Verlagswesens liegt hierin mit begründet. Doch gerade in letzter Zeit wandelt sich Self Publishing von einem Nischenmarkt zu einer relevanteren Publikationsform, die beispielsweise in den USA auch Verlage schon Pfründe kostet. Wurden vor kurzer Zeit Autoren, die ihre Bücher selbst heraus gebracht haben in der Branche weniger ernst genommen als Verlagsautoren, stellt sich heute ein Umdenkenein. Katalysiert durch das E-Book und die vermehrte Entstehung und Nutzung von sozialen Netzwerken entsteht gerade eine große, nicht zu unterschätzende Selfpublishing-Community. Nie war das Publizieren für den Einzelnen so einfach wie heute. Wollte ein Autor sein Buch noch vor wenigen Jahren eigenständig herausbringen, musste er neben dem eigentlichen Schreiben auch die Arbeit eines Verlages – inklusive der Finanzierung – leisten. Das Buch musste, nach der eigentlichen Schreibarbeit, lektoriert, gesetzt, gedruckt, vertrieben und beworben werden. Ganz abgesehen davon, dass es in der Verlagswelt (auch noch heute) als beinahe unseriös gilt, sein Buch selbst zu produzieren und zu riskieren, dass es nicht als offizielle Veröffentlichung anerkannt wird.
Zunächst betrifft der Wandel die technische Voraussetzung und den damit verbundenen Aufwand, sowohl in finanzieller, als auch in zeitlicher Hinsicht. Heutzutage reicht es, eine Datei auf einer entsprechenden Plattform hochzuladen. Die Konvertierung des Manuskripts in ein E-Book, Einstellen des Buchs auf anderen Verkaufsplattformen, Vergabe einer ISBN etc. übernimmt der jeweilige Anbieter, je nach gewünschtem Betreuungspaket und Angebot gegen eine entsprechende Beteiligung am Verkaufspreis.
Zudem erfährt der Bereich des Self Publishing langsam einen Imagewechsel, nicht zuletzt durch den Markteintritt des Branchenriesen Amazon, der seit Neuestem selbst als Verleger auftritt und es mit seiner Self Publishing Plattform „KDP“ (Kindle Direct Publishing) einem Autor so einfach gemacht hat wie noch nie, sein Buch selbst zu verlegen. Bei Amazon gibt es weder Grundkosten, noch Mindestlaufzeit, keine Kündigungsfristen und keine Abtretung der Nutzungsrechte. Zudem verspricht Amazon den Autoren bei einem Verkaufspreis des Buches, der zwischen 2,99 und 9,99 € liegt, 70% der Nettoeinnahmen.
Auch Bestseller-Autoren wie zum Beispiel Akif Pirinçci, Autor des Beststellers „Felidae“, beginnen ihre E-Books selbst zu verlegen und sind damit erfolgreich. Natürlich haben sie sich mit einem renommierten Verlag im Rücken bereits einen Namen erarbeitet, aber gerade das trägt zum Imagewandel des Self Publishing bei und ebnet den Weg auch für unbekannte Autoren. Mittlerweile stammt ca. jeder fünfte Titel der Kindle-E-Book-Bestsellerliste von einem Selfpublisher.
Die Nutzer und Autoren der unterschiedlichen Self Publishing Plattformen ziehen sich durch alle Schichten der Gesellschaft, so dass man nicht mehr nur von einer kleinen, klar zu definierenden Gruppe sprechen kann, sondern von einem ernstzunehmenden Trend. Dies wird auch besonders deutlich, wenn man einen Blick auf die Nutzerzahlen der größten deutschsprachigen Portale wirft:
▪ Bookrix: Mitglieder: 375.375; Bücher die online sind 96.700 (eigene Angaben):
▪ neobooks (Verlagsgruppe Droemer und Knaur): hat aktuell über 10.000 registrierte Nutzer, davon sind ca. 2.000 Autoren. Es wurden 6.000 Werke hochgeladen, davon befinden sich derzeit rund 3.000 online und ca. 600 im Shop.
▪ Epubli mit dem dazu gehörigen Autorenportal epublizisten.de (Verlagsgruppe Holtzbrinck): keine genauen Angaben zur User-Zahl; ca. 1600 E-Books und 4700 Printausgaben im online Shop.
▪ triboox: ca 800 Autoren, 1600 registrierte Leser; 118 E-Books und 56 Printausgaben im Online Shop
Was bedeutet der Trend für die Verlagsbranche?
Durch die Entwicklung des Self Publishing beginnen die Verlage ihre traditionell begründete Monopolstellung, sowohl im Bezug auf den veröffentlichten Inhalt als auch auf die Autoren zu verlieren. Das führt zu einer Demokratisierung des Buchmarktes. Die Verlage kontrollieren den Zugang zum Markt nicht mehr umfassend. Allerdings bedeutet das natürlich auch eine Schwemme von neuen Büchern, egal wie „gut“ oder „schlecht“ sie sein mögen. Wirtschaftlich gesprochen: ob Sie gelesen/gekauft werden oder nicht,
Dies hat Vor- und Nachteile: Vorteile vor allem für die Autoren, denen ein Verlagsvertrag bisher verwehrt blieb, denn der Bedarf scheint enorm. Nachteile für den Verlag sind, dass sie an den veröffentlichen Weken nicht mitverdienen und sie ihre Bücher einer noch größeren Konkurrenz ausgesetzt sehen. Zudem sind die Verlage auch heute noch in der Realisierung eines Buchprojektes zu langsam, um mit dem relativ neuen, rasanten Markt mitzuhalten zu können.
Es stellt sich natürlich die Frage, wie die Verlage mit der neuen Konkurrenzsituation umgehen? Es gibt unterschiedliche Modelle, wie Verlage den Self Publishing Trend nutzen. Die Holtzbrinckgruppe beispielsweise betreibt mit „epubli“ eine eigene Plattform, bei der gedruckte (print on demand) und digitale Bücher eingestellt und verkauft werden können. Genauso die Verlagsgruppe Droemer und Knaur (neobooks). Die Self Publishing Plattform Bookrix versucht über so genannte Verlagsprofile etablierte Verlage einzubinden, die Verlage können Leseproben einstellen und sich so vermarkten, allerdings wird dieses Angebot von den Verlagen eher wenig genutzt. Bravourös gelingt die Einbindung des Self Publishing, Amazon. Über die KDP-Bestsellerliste lässt sich schnell feststellen, welche selbst publizierten Bücher sich gut verkaufen lassen und so können Verlage durch ein „Crowd-Lektorat“ neue, vielversprechende Autoren finden, diesen die Zusammanarbeit anbieten und so Risiko für das Investments verringern.
Verlage genießen auch heute noch ein gewisses Vertrauen der Kunden im Bezug auf die Qualität der verlegten Texte. Zudem verteilen etablierte und seit Jahren gewachsene Verlage Prestige, so dass viele Self Publishing Autoren immer noch einen Vertrag bei einem Verlag anstreben und diese Publikationsform nur als Einstieg in den Buchmarkt ansehen. Gerade bei einem diffusen Überangebot von E-Books, wie derzeit auf den einzelnen Plattformen, ist der Markteintritt für das einzelne Buch sehr schwer, es droht, auch bei guter inhaltlicher Qualität, in der Masse unterzugehen. Verlage könnten sich hier zu einer neuen Rolle bekennen, die eines Mittlers und Dienstleisters, damit sich Qualität auch in dieser Form des Publizierens letztendlich durchsetzt und ihren Weg zum Leser findet.
Antje Schrupp schreibt dazu auf ihrem Blog: „[Aber] ich hätte dann eine Idee für ein neues Geschäftsfeld: Verlage könnten DienstleisterInnen werden für Autoren und Autorinnen, die sich der Begrenztheit ihrer eigenen Fähigkeiten und Sichtweisen bewusst sind und ihre längeren Texte gerne einem professionellen „Realitätscheck“ unterziehen möchten, bevor sie sie in die breite Öffentlichkeit entlassen. Vielleicht wäre das Geschäftsmodell dann umgekehrt wie heute: Nicht die Autorin bekommt einen bestimmten Betrag pro verkauftem Buch von der Verlegerin bezahlt, sondern andersrum.“