Community- bzw. Social Web Verlage könnten zum Synonym für verlegerische Vielfalt und publikumsnahes Publizieren werden. Der EPIDU Verlag ist einer dieser Verlage und soll als Exempel dienen.
Das Unternehmen besteht seit Januar 2010 mit Sitz in Aachen, die Idee stammt von den Brüdern Cao Hung Nguyen und Cao Thanh Nguyen: ein jeder kann sein Manuskript einreichen, ob Roman oder Kurzgeschichte; nach einer Prüfung durch das Lektorat werden die Texte freigeschaltet und können schließlich von den registrierten Nutzern der Seite beurteilt, rezensiert und favorisiert werden. Das Verlagsprogramm wird in einem dreimonatigen Zyklus somit auch von den Lesern gestaltet, denn je besser die etwa 20seitigen Kostproben beim Publikum ankommen, desto größer die Chance, vom Communityliebling zum Verlagsautor zu werden. Ziel ist die Bereitstellung einer Online-Plattform für unentdeckte Autoren, wobei der Verlag nach den Bedürfnissen, Wünschen und Vorstellungen von Inhalteanbietern und -konsumenten entwickelt werden soll.
Während die Chance, bei einem etablierten Verlag mit einem Manuskript erfolgreich wahrgenommen zu werden, sehr gering ist, ermöglicht EPIDU den Autoren, ihre Werke kostenlos zu präsentieren und mittels eigener Präsenz auch aktives Selbstmarketing zu betreiben.
Um Lesern und Handel darüber hinaus eBooks schmackhaft zu machen, bietet der Verlag sogenannte eBookCards an. Die Leser bezahlen somit „nicht für ein virtuelles Gut, sondern halten etwas in den Händen.“ Die aufgedruckte Buch-ID gibt man bei www.eBookCards.de ein und kann sich das eBook herunterladen oder per Mail zusenden lassen. „eBookCards vereinen die Vorteile von Print- und Digitalmedien. Sie sind günstig im Herstellungspreis, lassen sich mitnehmen, sind mobil und platzsparend.“ EPIDU nutzt diverse Vertriebskanäle wie Amazon, iBookstore, VLB, den stationären Handel sowie Google Books und setzt auf Formatdivergenz mit EPUB und pdf.
Die optisch und funktional etwas hölzerne Plattform macht allerdings bisher keinen unternehmerisch erfolgreichen Eindruck. Geringe Reichweite trotz teilweise hoher Mitgliederaktivität, namhafte Konkurrenz und ein vergleichsweise hoher Aufwand stehen einem derzeit noch sehr kleinen Markt gegenüber, vieles wirkt der schönen Idee zum Trotz sehr unglücklich, wie bspw. die Amazonauftritte der drei verlegten Werke, „mein Karma“ im Profil, Retortentexte im Blog und die sogenannten Marketingtipps im Forum.
Auch ist EPIDU via Facebook, Twitter und Blog schon recht gut vernetzt, muss sich jedoch als ausgeschriebener Social Web Verlag, der „seinen Romanen und Autoren professionelle Facebook-Seiten einrichtet, um eine überzeugende Präsenz zu garatieren“ einige Fragen gefallen lassen:
Was versteht man bei EPIDU unter einer professionell betreuten Facebook-Präsenz?
Warum ist zusätzlich zum Facebook-Connect ein vergleichsweise umständlicher und langwieriger Registrierungsprozess, in dem sogar das „über mich“ eine Pflichtangabe ist, notwendig?
Warum wird an keiner Stelle kenntlich, welchen Erfolg die drei bisher verlegten Bücher verzeichnen?
Wie geht eine Community mit solchen Sätzen um, die ganz plötzlich im eBook-Bereich auftauchen: „Mit unseren eBookCards überzeugen Sie Ihre Kunden und Leser durch Benutzerfreundlichkeit und Attraktivität.“?
Und schließlich: Was hebt EPIDU ab vom Big-Player neobooks (Droemer Knaur) bzw. wozu braucht es beide noch, wenn Amazon auch in Deutschland zur eBook-Offensive ansetzt und Autoren direkt mit tausendfacher Reichweite vermarktet?
Die Idee einer community-initiierten Filterung publikationswürdiger Stoffe war längst fällig und EPIDU macht schon ganz viel richtig. Zukünftige Erfolgsmeldungen aber hängen stark von der Monetarisierbarkeit der Inhalte und dem Verhalten der „alteingesessenen“ Konkurrenz ab. Wenn diese beginnt, Social Media zu denken und mit den entsprechenden Ressourcen umzusetzen, sind Ausreißerversuche wie EPIDU gefährdet.
Artikel von Robert Barth und Katja Splichal
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[www.epidu.de | 08.01.2011 | 14:22]