„Based on the novel by …“ – eine Phrase, welche heutzutage ziemlich oft auf der Leinwand zu lesen ist. Gefühlt so oft, dass man sich fragen muss, welches Drehbuch denn überhaupt noch auf eine neue, originelle Story zurückgreift und nichts aus einem bereits erschienenen Druckerzeugnis adaptiert.
Die Gründe für diese Entwicklung liegen auf der Hand: Etablierte, populäre Bücher sind eine vergleichsweise schnelle Möglichkeit für Hollywood, Film- und TV-Handlungen zu entwickeln. Da immer mehr Studios um den nächsten Kassenschlager, wie Harry Potter oder The Hunger Games, konkurrieren, ist es einfacher, sich einer fertigen und vollständig vorgestellten (und geliebten) Welt zuzuwenden, als eine eigene komplexe Geschichte zu entwickeln. Dazu kommt, dass das Risiko zu scheitern minimiert wird. Klingt im ersten Moment ziemlich nach lustlosen Drehbuchautoren und Faulheit, jedoch kann davon höchstens im Entferntesten die Rede sein. Eine bereits bestehende Geschichte mit all ihren Charakteren schränkt nicht nur stark ein, sie erfordert ein Komprimieren ohne Logiklücken und aufwendige Castings. Dazu kommt die große Verantwortung gegenüber den Lesern bzw. Fans des Buches, welche auf den Schultern der Produktionsstudios lastet.
Den bekannten Satz „Das Buch ist viel besser als der Film.“ hört man vor allem durch On-Demand-Streaming immer weniger. Dieses bietet perfekte Bedingungen für eine möglichst vollständige Adaption ohne viele Vereinfachungen. Die Art und Weise, wie wir Serien im Jahr 2019 sehen und wie diese verbreitet werden, ist ein Segen für Produzenten und Autoren. Jahrzehntelang war das Fernsehen praktisch nur episodisch, so dass der Zuschauer jederzeit in eine Sendung eintreten konnte, ohne die Geschichte früherer Episoden zu kennen. Mit dem Aufkommen von Netflix und Co. ist im Gegensatz dazu die Anzahl der langen, komplizierten Geschichten, welche von Anfang bis Ende erzählt werden, gestiegen. A Song of Ice and Fire von George R.R. Martin, beispielsweise, fand bei HBO ein Zuhause in Form von Game of Thrones und hat bewiesen, dass es einen Platz für riesige parallellaufende Handlungsstränge mit nur wenigen Abweichungen gibt. Besonders sollte das die sehr strengen Buchfans freuen, welche bei jeder Vereinfachung im Screenplay laut aufschreien.
Romane sorgen in einer überfüllten Fernsehlandschaft für Abwechslung. Shows wie The Man in the High Castle oder The Handmaid’s Tale (Geheimtipp!) haben neue Arten von Geschichten ins Fernsehen eingeführt. Die Arbeit mit der riesigen Vielfalt literarischer Werke ermöglicht es den Showrunnern, sich von schon unzählige Male dagewesenen Formaten zu entfernen und bestimmte Bereiche eines zersplitterten Publikums ausfindig zu machen. Auf der Suche nach neuen Ideen hat Hollywood entdeckt, was Science-Fiction- und Fantasyfans schon seit Jahrzehnten kennen – In den Bücherregalen gibt es unüberschaubar viele Geschichten, die sich für Adaptionen eignen.
Während hier und da immer mal über schlechte Verfilmungen gemurrt wird, steht die Begeisterung bei den Fans ganz klar im Vordergrund. Wenn sie sehen, wie aus ihrem Lieblingsbuch eine Live-Action-Serie oder ein Kinofilm wird, ist der Hype einfach real. Auch wenn nicht alles der nächste Hit im Maßstab Game of Thrones sein wird, ist eins sicher: Der Roman wird einem größeren Publikum zugänglich gemacht, das ihn dann oftmals im Vorhinein oder nachträglich liest.
Damit begrüßen wir euch zu dem neuen Oberthema „Wenn die Geschichte das Buch verlässt“. Seid gespannt, was euch noch erwartet, und bleibt dabei!
Einen schönen zweiten Advent wünscht euer VdZu-Team!
Autor des Artikels: Niklas Holler