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Gamification – in Trend aus dem Marketing und was er Verlagen und Buchhandlungen bringt.
Marketingspezialisten fällt immer etwa (manchmal) Neues ein: Sei es O2, die für ihr Guerillamarketing auch mal (Tarif-)Monster durch deutsche Hörsäle schicken, die Grünfutter-Spezialisten von mySalad, die in Deutschen Großstädten kleine Rasenfächen auslegen oder eben das Phänomen Gamification.
Fast immer machen sich die klugen Köpfe aus dem Marketing dabei die menschlichsten aller Bedürfnisse zu Nutze. Ob nun „Sex sells“ oder den angeborenen Spieltrieb – seit Urzeiten schon spielen die Menschen. In alten ägyptischen Gräbern fand man Spielbretter und heute treibt es die Leute zu tausenden auf Spielemessen, wie die E3 oder die Gamescom.
Gamification heißt aber nicht, dass Kunden jetzt neuerdings im Videospiel Jagd auf Zombies machen, die die Produkte ihrer Lieblingsmarken bedrohen. Vielmehr macht sich Gamification die durchs Spielen gewonnene Motivation zu Nutze. Der Wunsch nach Status, Anerkennung und Gewinn. Jedes kleine Forum verfügt über eine „Mitglied seit…“-Anzeige mit der Anzahl der Posts und einer Form von Level, die der Aktivität entspricht. Auch wenn es sich dabei um Kleinigkeiten handelt, anscheinend sind sie wichtig.
Warum also spielen die Menschen?
Der größte Faktor dabei ist sicher Spaß – aber das erklärt noch nicht ganz die Motivation. Dazu muss man sich die verschiedenen Arten von Spielern anschauen, denn jeder von ihnen versteht etwas anderes unter Spaß.
1996 hat Richard Bartle einen Aufsatz über die Psychologie von Spielern geschrieben, auf deren Grundlage man vier Kategorien unterscheidet. Die Socialiser, die Explorer, die Achiever und die Killer. Jeder Mensch hat dabei in unterschiedlicher Zusammensetzung und Ausprägung einen Teil der vier Kategorien in sich.
Ein Socialiser spielt vor allem, um Kontakt zu anderen Spielern zu haben und mit ihnen zu interagieren. Der Explorer dagegen möchte so viel wie möglich erkunden, von der Spielewelt bis zur Funktionsweise eines Spiels an sich. Der Achiever möchte so viele Punkte wie möglich sammeln und so hoch leveln wie es geht. Die Killer wollen den Wettbewerb mit anderen Spielern. Im Gegensatz zu den Achievern wollen sie im direkten Wettkampf gewinnen und jemand anderes soll unterlegen sein.
Vielleicht überrascht es etwas, dass die meisten Menschen dabei hohe Werte in der Socialiser Kategorie erzielen. Videospiele, das woran man eigentlich zuerst denkt, wenn man Games und Gamification hört, sind dabei eigentlich eine Ausnahme in der langen Geschichte der Spiele. Brettspiele, Kartenspiele, fast immer handelt es sich dabei um Gesellschaftsspiele bei denen es mehrerer Personen bedarf. Die Spielekultur hat sich durch das Internet nur weiter massiv in diese Richtung entwickelt. Social Media Games wie Farmville sind bei vielen Leuten, auch ohne Gamerhintergrund sehr beliebt – und das bleibt den Marketingleuten natürlich nicht unbemerkt.
Wie kann Gamification für die Vermarktung von Büchern genutzt werden? Es geht schließlich darum, jene Game-Mechanismen einzusetzen, die die Zielgruppe anspricht: Schwierigkeitslevels, Anreize, soziale Interaktion. Auf Facebook die besten Umsetzungen von Rezepten aus einem Kochbuch prämieren, das Gelernte aus dem Hunderatgeber in einer Pet_something_App anwenden und meisterliche Gitarrentutorials bei Youtube einstellen – natürlich immer im Wettstreit, immer mit Lust, immer etwas abendteuerlicher als ohne Gamification.
Für neue und interessante Marketingaktionen ist Gamification daher sicher geeignet. Mit kreativen Einfällen kann man sich die Grundzüge von Spielen zu Nutze machen und für eine gute Kundenbindung einsetzen. Schließlich bedient man ein sehr menschliches Bedürfnis. Die Grenzen findet das Ganze wahrscheinlich allein in seinem Ausmaß. Wenn man für jedes gekaufte Buch eines Verlages ein Stempel bekomme und für jeden Einkauf 20 Stempelheftchen mit sich herumtragen muss, wenn man sich in jedem Buchladen einchecken soll, um irgendwann mal einen Gratiskaffee im Ladencafe zu erhalten, dann wird es lächerlich.
Wer mehr zu dem Thema erfahren will, hat ab heute auf der Frankfurter Buchmesse dazu Gelegenheit. Bei der zweitägigen Medienkonferenz StoryDrive widmen sich einige Veranstaltungen dem Thema. Am 13.10. wird übrigens der Gamification-Guru Gabe Zichermann eine Keynote halten. Er ist der Experte auf dem Gebiet und ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall!
All of Life’s a Game: Gamification
mit Silja Gülicher, Nintendo
Alexander Fernandez, Streamline Studios
Gabe Zichermann, Gamification Guru