Früh in unserem Studium sind wir über den DIGITAL PUBLISHING REPORT gestolpert und stellten fest: Es ist eines der Magazine in der Branche, die nah am Puls der Zeit sind und deren Themen die Innovations- und Problemfelder lückenlos erfasst. Das aktuelle Magazin, frisch erschienen am 25.08.2017, befasst sich u.a. mit der Nachwuchsproblematik, der momentan stattfindenden Transformation vieler Verlage sowie dem äußerst spannenden Thema der virtuellen Realität.
Keine Angst vor der Digitalisierung
Die ist unserer Meinung nach auch das Besondere an dem Magazin. Mit frischem Wind und neuen Sichtweisen beschäftigt sich der DIGITAL PUBLISHING REPORT mit neuen Themen in der Verlagsbranche. Es gibt da nicht nur Schwarz und Weiß, sondern tatsächlich Farbe! Digitalisierung ist nämlich weder gut noch böse. Sie ist nur anders als die bisher gewohnte Lebenswelt. So stellt Digitalisierung momentan auch sehr viele Unternehmen vor eine große Herausforderung und gerade in der Verlagsbranche gibt es große Diskussionen.
Da ist das Magazin mit seinen Beiträgen zu digitalen Themen ein wertvoller Beitrag. Hier finden sich Artikel wie Referral-Marketing auf Deutsch. Definition und Einsatz im Online-Marketing, Buchmesse Frankfurt im WhatsApp-Dialog oder Alles Amazon, oder was? Der Buch- und eBook-Markt in den USA. Der digitale Wandel ist nicht der Feind. Ganz im Gegenteil, denn er eröffnet auch Chancen. Welche das sind und wie wir am besten mit der Digitalisierung umgehen, erklären die beim Magazin erschienen Artikel auf unterhaltsame und informative Weise.
Aber digital sind nicht nur die Themen des Magazins, auch das Produkt selbst gehört in diese Kategorie. Der DIGITAL PUBLISHING REPORT erscheint regelmäßig im PDF-Format und ist kostenlos. Und wer das Gefühl hat, wichtige Themen verpasst zu haben, der kann sich freuen. Denn auf den letzten Seiten des Magazins findet sich eine Auflistung sowie Verlinkung zu älteren Ausgaben. Frohes Stöbern können wir da nur wünschen!
Ein paar Fragen an: Steffen Meier, Herausgeber des DIGITAL PUBLISHING REPORT
Steffen Meier hat den Digital Pusblishing Report erschaffen, die ersten Ausgaben quasi im Alleingang. Mittlerweile bekommt er viel Unterstützung, ist aber nach wie vor Hirn und Herz des Magazins. Seine Interessensschwerpunkte, die sich darin natürlich wiederspiegeln, scheinen die Suche nach Innovation und das Aufspüren von Trends zu sein. Wir waren ziemlich neugierig und haben uns deshalb um das nun folgende Interview mit Ihm bemüht.
Verlage der Zukunft: Herr Meier, wie sind Sie in die Verlagsbranche gekommen?
Steffen Meier: In die Buchbranche an sich eher zufällig. Tatsächlich wollte ich eigentlich Journalist werden, habe jung für Tageszeitungen geschrieben, war Chefredakteur einer Stadtzeitung – und bin dann doch in einem Fachverlag gelandet und blieb dort für viele Jahre, was vor allem an den spannenden digitalen Herausforderungen lag (okay, und natürlich auch an den Kollegen und einem Team, das ich vor drei Jahren, als es mich zu neuen Ufern zog, doch ungern verließ).
VdZu: Also schlägt Ihr Herz nicht nur für Digitales, sondern auch fürs geschriebene Wort. War das auch Ihr Antrieb für ein eigenes Magazin? Wie kam es zu dieser Idee?
Meier: Tatsächlich aus einem eigenen Bedürfnis heraus: die Medienbranche an sich erlebt mit der Digitalisierung einen enormen Umbruch, für mein Empfinden sieht man hier auch erst den Beginn. Wie auch immer, es gibt unwahrscheinlich viele Themen, die leider meist außerhalb der Branche passieren resp. diskutiert werden. Es ist zum einen nicht einfach, diese Quellen aufzutun und dann auch noch in Relevanz zu Medienhäusern zu bringen.
Dies ging auch vielen, mit denen ich vernetzt bin, ähnlich und so konzipierte ich zunächst einen rein digitalen Newsletter-Kuratierungsdienst. Und aus der Notwendigkeit, kein Me-too zu werden, kam ich auf die Idee, ein 14 tägig erscheinendes PDF-Magazin zu machen. Quasi den neuesten musikalischen Trend – auf Vinyl.
Ich finde, das hat seinen ganz eigenen Charme und kommt bei den Lesern auch gut an. Die Grundidee blieb aber seit der ersten Ausgabe dieselbe und spiegelt sich im Untertitel: „Das Digitale Magazin für die Medienbranche. Kuratiert, kommentiert, eingeordnet“.
VdZu: Das Magazin beschäftigt sich mit digitalen und innovativen Inhalten in der Buch- und Medienbranche. Was war Ihr persönliches Lieblingsthema?
Meier: Ich persönlich mag es eigentlich generell, wenn die Branchenkolleginnen und -kollegen von eigenen spannenden Projekten erzählen.
VdZu: Welche Themen und welche Artikel sorgten für die größte Resonanz?
Meier: Vor allem die Themen Augmented / Virtual Reality (in meinen Augen übrigens sehr unterschiedliche Themen) und Blockchain. Aber auch eine Schwerpunktausgabe zu Podcasts fand großen Anklang. Ich versuche dabei meistens, einen großen inhaltlichen Bogen zu schlagen, damit möglichst viele interessante Artikel für ihr tägliches Tun oder Interesse zu finden. Was insofern relativ einfach ist, da auf sehr vielen Gebieten sehr vieles in Bewegung ist, sei es Marketing, Vertrieb, Kundenkommunikation, Inhalteerstellung usw.
VdZu: Gibt es eine ständige oder wechselnde Redaktion?
Meier: Tatsächlich gibt es einen Herausgeber (und Layouter und Marketeer und Hausmeister undundund), nämlich mich. Dazu aber viele rege Autorinnen und Autoren, viele aus der Branche mit inhaltlichen Ideen, da ist eine Ausgabe mit durchschnittlich 6-10 Artikeln schnell gefüllt. Auch helfen viele Freunde aus meinem Netzwerk immer wieder punktuell weiter, wenn ich mental vor dem Berg stehe. Das Ganze wird jetzt an einigen Stellen auch professioneller, ab der Ausgabe 13 kommt eine (ehrenamtliche) Kreativdirektorin mit ins Team, die großen Spaß am DIGITAL PUBLISHING REPORT hat.
VdZu: Wie finanzieren Sie dieses interessante Magazin?
Meier: Tatsächlich ist der DIGITAL PUBLISHING REPORT im Moment ein non-profit-Projekt. Alle arbeiten ehrenamtlich mit, die Prozesse sind schlank bis chaotisch und die Kosten (meist für Software-Dienste wie die Mailing-Software oder den Anbieter, über den ich das Facebook-Ranking der Buchverlage mache) überschaubar. Andere haben eine Modell-Eisenbahn im Keller, ich eben den DIGITAL PUBLISHING REPORT.
VdZu: Sie waren ganz klassisch Chefredakteur im Printbereich und dann Verlagsleiter im Multimedia-Bereich. Wie kam es zu dem Interesse in dem Bereich Multimedia sowie Electronic Publishing?
Meier: Ich fürchte, die blanke Neugier. Ich wurde in den 90ern des letzten Jahrhunderts in der Verlagswelt groß, das Maximum an Innovation war die Veränderung der Produktionsabläufe durch DTP, aber das war es weitgehend. Mit den PCs, vor allem aber mit dem hyperverlinkten Internet gab es auf einmal ganz neue, spannende Möglichkeiten, Inhalte zu produzieren und zu konsumieren, das hat mich sehr fasziniert. Wir waren damals die ersten Verlags-Nerds, etwas exotisch, meist belächelt, manchmal auch argwöhnisch beobachtet. Ich fand das damals ziemlich cool.
VdZu: Gab es in Ihrer Karriere prägende Erfahrungen oder Aha-Momente in der Branche, die Sie mit dem Leser teilen wollen?
Meier: Aha-Momente, manchmal belustigt, manchmal besorgt, manchmal beeindruckt, habe ich eigentlich regelmäßig. Die spare ich mir aber besser für meine Memoiren auf, dann bin ich in einem Alter, in dem ich das gefahrlos öffentlich ausbreiten kann.
VdZu: Gerade befindet sich die Buchbranche ja in einem großen Umbruch. Was interessiert Sie da momentan am meisten?
Meier: Wie man mit Veränderung umgeht, von den Arbeitsmethoden/-situationen über die Produkte bis hin zu Vertrieb und Marketing. Hier ist viel Dynamik, auch wenn einem der Binnenblick etwas Anderes sagt. Die Branche scheint starr und kaum beweglich.
Man darf aber nicht vergessen, dass wir in einer sehr diversen „Branche“ arbeiten, die vom kleinen Verlag bis zum Konzern oder Softwareunternehmen alles an Organisationsgrößen hat, in unterschiedlichsten Themenbereichen unterwegs ist und auch noch vom Inhalteveredler (Verlag) bis hin zum Intermediär (Buchhandel) sehr breit gestreut ist. Und damit auch deutlich „bunter“ als die meisten anderen Industrien ist.
Man muss schon genauer einzelne Unternehmen oder Akteure, auch an den Branchenrändern, beobachten, um die ungeheure Kreativität und Dynamik zu bemerken, die dann doch immer wieder durchblitzt. Das finde ich faszinierend und darauf versuche ich auch im DIGITAL PUBLISHING REPORT immer wieder hinzuweisen.
VdZu: Ihren Worten nach zu schließen, kann da also nur in der Branche viel Bewegung sein. Was glauben Sie, welche Trends werden für die nächsten 5 Jahre, 10 Jahre und 50 Jahre in der Buchbranche bestimmend sein?
Meier: Die gedruckte Kodex-Form funktioniert in Zeiten von Hyperlinking und always online nicht mehr. Jeder wird zum Sender und gleichzeitig Empfänger, jeder zum Autor und gleichzeitig Leser. Zumindest theoretisch.
Die bisherige Wertschöpfungskette wird an allen Punkten angeknabbert, der Buchhandel wird seine dominante Rolle verlieren und dann hat man es auch noch mit Kunden/Lesern zu tun, die ihre Aufmerksamkeit und Medienbudgets an Netflix, Spotify und Co. abgeben.
Die durch das Internet und die Mobilisierung geschaffenen Umstände ziehen den traditionellen Markteilnehmern langsam aber sicher den Boden unter den Füßen weg. Am Ende bleibt nichts Anderes übrig, als die Produkte, die Vertriebs- und Kommunikationswege komplett neu zu denken bzw. anzupassen.
In den nächsten 10 Jahren wird es sicher viele Verlage so nicht mehr geben, mit Sicherheit aber viele neue oder aus bestehenden Verlagen hervorgegangene Einheiten, die verlagsähnliche Prozesse abbilden. Und in 50 Jahren kann ich mir vorstellen, dass ein Buch das Schicksal von Vinyl teilt, auch wenn mich die Haptik-Fetischisten wieder für solche Überlegungen hassen werden.
Frei nach Frank Zappa: Das Buch „is not dead, it just smells funny”.
Ein kleiner Dank
An dieser Stelle möchten wir uns gern bei Steffen Meier für seine unkomplizierte Art bei der Beantwortung der Interview-Fragen bedanken. Wir wünschen dem DIGITAL PUBLISHING REPORT weiterhin alles Gute, hoffen auf neue, interessante Themen und freuen uns auf die kommenden Ausgaben!