Die Wahrnehmungsentwicklung von Kindern in Bezug auf Neuronale Prozesse
Bevor wir konkret in unsere Thematik einsteigen, ist es hilfreich, Genaueres über die neuronale Entwicklung des Menschen zu erfahren. Wir müssen also wissen, wie unser Gehirn funktioniert und in welchen Entwicklungsstadien das Gehirn besonders aktiv und aufnahmefähig ist. Erst dann können wir klären, wie speziell Kinder auf technologische Prinzipien reagieren und diese wahrnehmen und verarbeiten. Des Weiteren können wir uns damit beschäftigen, mit welchen Apps wir Kinder fördern können und mit welchen wir sie in ihrer Entwicklung eher einschränken.
Aufbau und Funktion des Großhirns
Mediziner sagen, unser Großhirn lasse sich im Wesentlichen in zwei nahezu symmetrische Teile untergliedern. Die linke Hälfte bezeichnen sie als sensorischen Humunculus. Hier verarbeite das Gehirn insbesondere Sinneseindrücke. Der rechte Teil sei der sogenannte motorische Humunculus, der unsere Bewegungsabläufe koordiniere. Jede der zwei Hälften lasse sich zusätzlich in Frontallappen, Parietallappen, Temporallappen und Okzipitallappen einteilen. Der Präfrontale Cortex oder auch Frontallappen, der sich direkt hinter unserer Stirn befinde, nehme den gesamten vorderen Teil des Gehirns ein und sei damit die größte Hirnstruktur des Menschen. Er stehe in engem Zusammenhang mit unserer Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und der Fähigkeit des Planens und Entscheidens. Damit spiele er für unseren Charakter und unsere Persönlichkeit eine entscheidende Rolle. Er definiere, wie wir uns verhalten, bewegen und auf unsere Außenwelt reagieren. Aufgrund solch komplexer Funktionen sei es nicht ungewöhnlich, dass der Frontallappen der Bereich des Gehirns sei, der am längsten für seine Entwicklung brauche: ganze 25 Jahre.
Der Scheitellappen oder auch Parietallappen befinde sich im hinteren oberen Bereich und sei für unsere Empfindungen zuständig. Er ermögliche uns das räumliche Denkvermögen und damit Prozesse wie Rechnen oder Lesen. Der Schläfenlappen oder auch Temporallappen liege dem Namen entsprechend nahe unseres Schläfenbereichs. Er diene sehr vielen verschiedenen Funktionen, wie dem Hören, Riechen, Sprechen, Verstehen, visuellen Erkennen und der Gedächtnisbildung. Der letzte der vier Großhirnareale sei der Okzipitallappen oder Hinterhauptslappen, der sich am Hinterkopf befinde und für unsere visuelle Wahrnehmung zuständig sei, d.h. er verarbeite äußere Eindrücke und bilde damit das Sehzentrum unseres Gehirns. Doch wie entwickelt sich unser Gehirn im Laufe des Lebens und ab wann beginnt der Mensch seine Außenwelt zu erfassen?
Entwicklung der Wahrnehmung von Kindern
Experten sind der Meinung, dass das Gehirn sich bereits im Mutterleib entwickelt. Erstaunlich ist, dass das Gehirn eines Fötus schon ab der 19. Woche Informationen aufnehmen könne. Ab der 26. Woche entwickeln sich Sinneseindrücke wie Hören, Schmecken und Sehen. Danach, ca. ab der 32. Schwangerschaftswoche, könnten sogar Schlafphasen festgestellt werden und es folge die Ausbildung einer Art Kurzzeitgedächtnis, was beispielsweise in der Lage sei, wiederkehrende Töne abzuspeichern. Man geht davon aus, dass der Fötus ab der 35. Woche die Stimme und Sprache seiner Eltern wahrnehme und dies maßgeblich zur Entwicklung der Muttersprache beitrage. Nach der Geburt sei das Gehirn trotzdem noch recht rudimentär aufgebaut. Es sei bisher nur ein Grundgerüst entwickelt, welches über einfache Reflexe wie Saugen und Schlucken verfüge, sowie Bedürfnisse (z.B. Hunger) und Angstgefühle zum Ausdruck bringen könne. Besonders im Kleinkindalter schreite die neuronale Entwicklung von Kindern schnell voran. Hätte ein Kind im Alter von 2 Jahren noch genauso viele Neuronen wie ein Erwachsener, seien es bereits ein Jahr später mit 200 Billionen Neuronen schon doppelt so viele. Auch das Wachstum der neuronalen Verknüpfungen, der Synapsen, sei in diesem Alter viel höher als die Anzahl der Synapsen, die ein Erwachsener tatsächlich benötige. Das würde bedeuten, dass das Gehirn eines Dreijährigen mehr als doppelt so aktiv sei, als das eines ausgewachsenen Menschen. Dies habe eine enorme Lern-und Anpassungsfähigkeit zur Folge und mache es den Kindern besonders in diesem Alter einfacher, sich Sprachen, Lebensstile und Verhaltensweisen anzueignen. Genau jetzt sei es wichtig, Kinder zu fordern und zu fördern, denn in den folgenden Jahren würden unbenötigte Synapsen abgebaut und häufig benutzte verstärkt. So trügen besonders das äußere Umfeld des Kindes und in den ersten Jahren vor allem die Eltern die Verantwortung über dessen Persönlichkeitsentwicklung. Doch wie können Eltern zu einer positiven Charakterausbildung ihrer Schützlinge beitragen? Könnte eine zusätzliche Bildung mit speziellen Apps auf dem Tablet oder Smartphone nicht eine Option sein? Und wenn ja, welche Apps eignen sich aus pädagogischer Sicht überhaupt zur Schulung von Kindern? Diese Fragen wollen wir in demnächst erscheinenden Artikeln klären.
Autor: Vivien Zschammer