Die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte erscheint manchem als lästig und wenig verlockend. Doch ist sie Teil der Identität. Dabei erfordert Aufarbeitung mehr als den Blick auf nackte Jahreszahlen und Namen von Personen, die uns doch fremd bleiben.
Emotionen über die Schicksale Einzelner sind untrennbar mit ihr verbunden und verlangen es, gefühlt zu werden.
2017 gründete Helena Melikov die Online-Community „Lost and Found” und begann
Fotografien aus der Zeit des frühen 20. Jahrunderts mit zeitgenössischen Texten verschiedener Autoren zu einem Gesamtwerk zu verbinden. Menschen aller Altersgruppen, lächelnd oder träumerisch, in verschiedenen Alltagssituationen in schwarz und weiß sind abgebildet. Sie haben gerade die Schrecken des ersten Weltkrieges erlebt, ahnen vielleicht noch nichts von dem, was das 20. Jahrhundert noch mit sich bringen wird. Die Idee wird zum Buch, welches im März 2019 erstmals bei KOCMOC – Publishing Space Berlin erschienen ist.
Auf 48 Seiten finden sich Fotos, von den beiden Autorinnen, Gestalterinnen und Herausgeberinnen überwiegend auf verschiedenen Berliner Flohmärkten gesammelt.
Helena Melikov und Ani Menua haben es geschafft, Erinnerungen neuen Wert zu verleihen und einen Kontext zur Zeit herzustellen. Texte und Bilder halten dazu an, sich in eine längst vergangene Epoche hineinzuversetzen. Unwillkürlich entsteht beim Betrachter die Frage, wie es den abgebildeten Menschen ergangen sein könnte.
Trotzdem ist „Lost and Found“ auch ein Buch der Zukunft: Das kleine Sammelwerk punktet zusätzlich mit der Verwendung von nachhaltigem Papier, Farbe auf Pflanzenölbasis und dem Verzicht jeglicher tierischer Produkte bei der Herstellung.
Mit ihrem Projekt leisten Helena Melikov und Ani Menua einen wertvollen Beitrag zur Erinnerungskultur und setzen ein Zeichen gegen das Vergessen.
Artikel von: Adina Grimm