Autorin: Kristin Scharn
Seit 73 Jahren garantiert Artikel 5 des Grundgesetzes die Presse-, Meinungs-, Rundfunk- und Informationsfreiheit in unserem Land. Für uns ist dieses Recht selbstverständlich. Doch nicht überall auf der Welt haben die Menschen die Möglichkeit, sich umfassend zu informieren und ihre Meinung frei zu äußern. 2020 wurden weltweit 387 Medienschaffende im Zusammenhang mit ihrer Arbeit inhaftiert, 54 entführt und 50 getötet. Vier Journalist:innen galten als verschwunden. Seither verschlechtert sich die Lage zunehmend. 2022 sind aktuell 762 Medienschaffende inhaftiert und 52 wurden getötet.
Der Internationale Tag der Pressefreiheit
Am 3. Mai, dem Internationalen Tag der Pressefreiheit, soll auf die Bedeutung und Wichtigkeit der freien Berichterstattung sowie Verletzungen der Pressefreiheit weltweit aufmerksam gemacht werden. Dieser Tag wurde 1993 auch zur Erinnerung an verfolgte und ermordete Journalist:innen ins Leben gerufen. Für besondere Verdienste um die Pressefreiheit verleiht die UNESCO außerdem jährlich den „Guillermo Cano-Preis“ am 3. Mai.
Die Bedeutung der Pressefreiheit
Die Pressefreiheit ermöglicht es den Medien frei und unabhängig zu berichten, die Öffentlichkeit zu informieren und Missstände aufzudecken. Sie trägt damit zu einer freien Informationsbeschaffung, Meinungsbildung und -äußerung bei und kontrolliert den Staat und die Politik als eine Art vierte Gewalt. Dadurch bildet sie die Grundlage für eine demokratische Gesellschaft. Trotzdem ist die Pressefreiheit nicht in allen Demokratien immer gesichert.
Pressefreiheit in Deutschland
In Deutschland ist die Pressefreiheit als Menschenrecht in Artikel 5 des Grundgesetzes festgeschrieben. Hier heißt es:
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ (Art. 5 Abs. 1 GG)
Nachfolgend werden die Grenzen benannt. So muss sich natürlich an geltende Gesetze gehalten werden und Verletzungen der Persönlichkeitsrechte des Einzelnen sowie Diskriminierungen sind untersagt.
Die Rangliste der Pressefreiheit
Die international tätige Nichtregierungsorganisation „Reporter ohne Grenzen“, welche 1985 von vier französischen Journalisten gegründet wurde, engagiert sich für Pressefreiheit und für aus politischen Gründen in Haft sitzende Journalist:innen sowie gegen Zensur. Zudem gibt sie seit 2013 jährlich am 3. Mai die Rangliste der Pressefreiheit heraus, welche die Pressefreiheit in 180 Ländern beurteilt.
Bildquelle: Reporter ohne Grenzen
2021 wurde die Pressefreiheit in nur 12 Ländern mit „gut“ bewertet – der bisher niedrigste Stand, seit es diese Liste gibt. In fast drei Viertel der 180 Länder ist die Pressefreiheit bedeutend eingeschränkt. Deutschlands Bewertung hat sich von „gut“ zu „zufriedenstellend“ verschlechtert. Das liegt vor allem an den vielen Angriffen auf Journalist:innen, die es auf Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen gab. Auch die schrumpfende Pressevielfalt durch den Zusammenschluss von Redaktionen und den Wegfall von immer mehr Lokalredaktionen stellt schon länger eine Gefährdung für die Pressefreiheit in Deutschland dar.
Wie die Pressefreiheit in anderen Ländern eingeschränkt wird
Weltweit gibt es zahlreiche Länder, in denen die Berichterstattung eingeschränkt ist und Staats- und Regierungschefs gegen die Presse hetzen und damit Misstrauen schüren. Diktaturen oder autoritäre Regimes, wie z. B. Nordkorea, China und Ägypten, versuchen mit immer perfideren Mitteln die Pressefreiheit zu untergraben. Zunehmend werden unabhängige Informationen unterdrückt und stattdessen illiberale Ideologien verbreitet. Bei Demonstrationen, wie beispielsweise in Haiti, Frankreich und Chile, kommt es immer wieder zu Ausschreitungen gegen Medienschaffende. So wurde in den USA, besonders im Zusammenhang mit den Black-Lives-Matter-Protesten, massive Gewalt gegen Journalist:innen ausgeübt. Außerdem torpedierte der ehemalige Präsident der USA Trump während seiner Amtszeit permanent kritischen Journalismus. Wer in Belarus über die Massenproteste nach der Präsidentenwahl berichtete, wurde vorübergehend festgenommen. Kritische Journalist:innen in Algerien und Marokko werden durch diverse Anklagen eingeschüchtert. In der Türkei geht die Regierung drastisch gegen Medienschaffende vor und es gibt immer wieder Verurteilungen von Journalist:innen. So befinden sich momentan etwa 150 Medienschaffende in diesem Land in Haft. Damit ist die Türkei das Land mit den meisten inhaftierten Journalist:innen weltweit. In Deutschland leben mehrere türkische Journalist:innen im Exil, die in ihrem Land in Abwesenheit zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden, weil sie kritisch über die Machenschaften der Regierung berichteten. Mit dem Machtantritt Viktor Orbáns 2010 änderte sich auch die Medienlandschaft Ungarns drastisch. Eine staatliche Zentralisierung der einzigen Nachrichtenagentur und aller öffentlich-rechtlichen Rundfunksender sowie die Kontrolle über die regionale Presse sicherte eine zentrale Koordinierung aller Medienberichte. Regierungskritische und investigative Medien wurden eingestellt, sodass keine unabhängige Berichterstattung mehr möglich ist. Obwohl es im Nachbarland Slowenien eine garantierte Medienfreiheit gibt, ist auch hier kritischer Journalismus stark vom Thema abhängig. Wird zum Beispiel über Korruption oder andere heikle Themen berichtet, muss mit Sanktionen oder Anklagen gerechnet werden. Auch in Polen herrscht zunehmend ein pressefeindliches Klima. In den letzten sieben Jahren setzte die polnische Regierung alles daran, die mediale Berichterstattung zu überwachen. Der öffentliche Rundfunk wurde unter anderem durch die Entlassung von 250 Medienschaffenden unter Kontrolle gebracht und aus öffentlichen Sendern wurden „nationale Medien“. Die gefährlichsten Länder für Journalist:innen sind zurzeit Afghanistan, Iran, Irak, Saudi-Arabien, Mexiko und Honduras. Hier muss die Wahrheit im schlimmsten Fall mit dem Leben bezahlt werden, wie mehrere, zum Teil ungesühnte, Journalist:innenmorde in den letzten Jahren zeigen. 2020 wurde nach 30 Jahren erstmals ein Journalist im Iran auf staatliche Anordnung hingerichtet.
Die Situation in Russland
In Russland gab es schon vor den momentanen Entwicklungen Einschränkungen der Pressefreiheit durch Gesetze und eine verstärkte, nahezu lückenlose Online-Überwachung. Alle Medien wurden kontrolliert und viele, wie auch die wichtigste Nachrichtenquelle Russlands, das Fernsehen, unterstehen dem Staat. Für viele Medienschaffende sind Einschüchterungen, Übergriffe, Schikane und Verfolgung Alltag und diese Gewalt wird nicht geahndet.
Der Krieg gegen die Ukraine schränkt die Berichterstattung weiter drastisch ein. Um der Bevölkerung die Wahrheit über den Krieg vorzuenthalten, geht die russische Regierung verschiedene Wege. Das neueste Gesetz erlaubt Geldbußen und die Verurteilung mit einer Gefängnisstrafe von bis zu 15 Jahren für Medienschaffende, die nach Russlands Ansicht falsche Informationen veröffentlichen. Es ist verboten, die Worte „Krieg“, „Invasion“ und „Aggression“ frei zu verwenden. Die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter sowie Internetseiten von ausländischen Medien wurden blockiert oder eingeschränkt. Der Fernsehsender „Doschd“ und der unabhängige Radiosender „Echo Moskwy“ samt seiner Internetseite wurden ebenfalls gesperrt. Über von russischen Streitkräften getötete Zivilisten darf nicht berichtet und der Angriffskrieg soll verharmlost und als „spezieller Militäreinsatz“ dargestellt werden. Unterdessen verleugnet Russlands Regierung vehement das Stattfinden von Zensur.
Corona-Pandemie als Anlass für Einschränkungen der Pressefreiheit
Während der Corona-Pandemie kam es weltweit zu Einschränkungen und Unterdrückungen von Berichterstattungen zum Pandemiegeschehen. Ägypten untersagte die Herausgabe aller nicht-offiziellen Infektionszahlen, Ungarn und Malaysia bestraften die Verbreitung von „Falschmeldungen“ und in Syrien wurden sogar nur Nachrichten der staatlichen Nachrichtenagentur zugelassen und für alle anderen Medien eine Nachrichtensperre angeordnet. Auch Desinformationen wurden von Staats- und Regierungschefs, wie Donald Trump (USA), Jair Bolsonaro (Brasilien) und Nicolás Maduro (Venezuela), verbreitet. In einigen Ländern, wie Venezuela, dem Kosovo, Serbien und vor allem China, wurden Journalisten aufgrund ihrer Berichterstattung zur Corona-Pandemie festgenommen.
Es bleibt abzuwarten, welche weitere Entwicklung die Pressefreiheit nimmt. Der 3. Mai ruft uns die Missstände in Erinnerung. Es gibt zu viele Ereignisse, die die Pressefreiheit bedrohen. Zu hoffen ist, dass die Lage eine positive Entwicklung nimmt.
Lektorin: Lisa Schweizer
Bilder:
Beitragsbild von ReadyElements von pixabay. Online verfügbar unter: https://pixabay.com/de/photos/bekanntmachung-artikel-3509489/.
Reporter ohne Grenzen: Weltkarte der Pressefreiheit 2021. Online verfügbar unter: https://www.reporter-ohne-grenzen.de/presse/downloads.
Quellen:
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Bundesministerium für Justiz: (o.J.): Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art 5. Online verfügbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_5.html, zuletzt eingesehen am 24.04.2022.
Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (2021): 3. Mai: Welttag der Pressefreiheit. Online verfügbar unter: https://www.lpb-bw.de/pressefreiheit#c68174, veröffentlicht im April 2021, zuletzt eingesehen am 24.04.2022.
Reporter ohne Grenzen (2022): Barometer der Pressefreiheit 2022. Online verfügbar unter: https://www.reporter-ohne-grenzen.de/barometer/2022/journalisten-getoetet, zuletzt eingesehen am 25.04.2022.
Reporter ohne Grenzen (o.J.): Pressefreiheit – warum?. Online verfügbar unter: https://www.reporter-ohne-grenzen.de/themen/pressefreiheit-warum, zuletzt eingesehen am 24.04.2022.
Reporter ohne Grenzen (2021): Rangliste der Pressefreiheit. Online verfügbar unter: https://www.reporter-ohne-grenzen.de/rangliste/rangliste-2021, zuletzt eingesehen am 24.04.2022.
Reporter ohne Grenzen (2021): Rangliste der Pressefreiheit 2021. Online verfügbar unter: https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2021/Rangliste_der_Pressefreiheit_2021_-_RSF.pdf, veröffentlicht am 03.05.2021, zuletzt eingesehen am 24.04.2022.
WDR (2022): Hohe Haftstrafen angedroht: Wie Russland die Pressefreiheit einschränkt. Online verfügbar unter: https://www1.wdr.de/nachrichten/russland-medien-propaganda-pressefreiheit-100.html, veröffentlicht am 05.03.2022, zuletzt eingesehen am 24.04.2022.