AutorInnen/Interview-Durchführung: Natalie Stern und Maja Schmatz
Lesezeit: 3 Minuten
Täglich werden unzählige Manuskripte von Verleger:innen großer und kleiner Verlage abgelehnt. Das bedeutet aber nicht das Ende eines Traums vom eigenen Buch. Immer mehr Autor:innen publizieren ihre Werke selbst. Sei es, weil sie keinen passenden Verlag für sich gefunden haben, oder auch weil sie die ultimative kreative Freiheit suchen. Im Interview erzählt Autorin Veronika Weineis, wieso sie sich bewusst gegen einen Verlag entschieden hat und was Selfpublishing (dt.: Selbstpublizieren) für sie bedeutet.
Verlage der Zukunft: Wie lange sind Sie schon als Selfpublisherin tätig?
Weineis: Ich bin seit 2020 Selfpublisherin. Mein Debüt erschien am 31. Juli 2020.
VdZ: Wie viele Bücher haben Sie schon selbst verlegt? Und vor allem welche?
Weineis: Bis dato sind es zwei Bücher, die ich selbst verlegt habe – Band 1 und 2 meiner Dark-Fantasy-Reihe „Nachtkönig“. Lichttrinker (Band 1) im Sommer 2020 und Kobaltkrone (Band 2) folgte dann am 1. August 2021. An weiteren Bänden arbeite ich aktuell.
VdZ: Was hat Sie dazu bewegt den Weg des Selfpublishings zu wählen?
Weineis: Mir ging es um die volle Entscheidungsfreiheit, die das Selfpublishing bietet. Bei der Zusammenarbeit mit einem Verlag ist man je nach Verlag unterschiedlich stark, aber immer, eingegrenzt in seinen Entscheidungen und denen, die der Verlag übernimmt. Titelauswahl, Erscheinungsdatum, Coverdesigner, Vertriebswege… Das alles wollte ich bei mir wissen. Das Selfpublishing birgt zwar viele Risiken und ich als Autorin muss in Vorleistung gehen und alles dafür tun, dass meine Bücher keine Verlustgeschäfte sind, aber gleichzeitig kann ich entscheiden, wann mein nächstes Buch erscheinen soll, ob ich in zwei Monaten eine Preisaktion fürs eBook machen will, ob das eBook bei Amazon exklusiv bleibt oder ich es auf Tolino-Shops ausweite, welche Veredelungen mein Printbuch haben soll und bei welcher Druckerei ich es drucken möchte. Ich kann mir meine Dienstleister selbst aussuchen: von der Lektorin über die Korrektorin bis hin zum Coverdesigner. Ich habe mir z.B. beigebracht, den Buchsatz (das Layout im Buchinneren) selbst zu erstellen. Aber es geht nicht nur um das Drumherum. Ich habe für mich entschieden, dass ich es keinem Verlag überlassen möchte, mein Buch anzunehmen oder abzulehnen – denn leider geht es oft um viele Faktoren und nicht nur darum, ob die Geschichte gut ist. Verlage müssen abwägen. Oft greifen sie lieber zu Mainstream-Büchern statt etwas Neues auszuprobieren oder bestimmte Themen und Tropes laufen jetzt gut, aber in einem halben Jahr schon nicht mehr. Reihen von unbekannten Autoren sind ein Risiko, genauso wie zu lange Bücher. Ich wollte mir nicht reinreden lassen oder meine Geschichten anpassen müssen, damit sie zu einem Verlag passen. Deswegen mache ich alles selbst und kann es mir so leisten, polarisierende Geschichten, Nischen-Geschichten und Neues zu schreiben.
VdZ: Welche Erfahrungen haben Sie damit bis jetzt gemacht?
Weineis: Ich habe bisher gute Erfahrungen mit dem Selfpublishing gemacht – aber ich bin vielleicht auch nicht in allen Aspekten die klassische Selfpublisherin, denn für die meisten, die ins SP gehen, ist ein Auflagendruck nicht realisierbar. Sie gehen zu Print on Demand-Dienstleistern. Ich hingegen bin davon sehr schnell abgekommen und habe mit „Lichttrinker“ und „Kobaltkrone“ Bücher geschaffen, die von Büchern aus Großverlagen nicht wegzukennen (was ist damit gemeint?) sind. Sie sich qualitativ hochwertig, auch was den Druck an sich angeht (Veredelungen, Klappen, Softtouchcover, illustrierte Fantasykarte im Inneren). Denn das Auge kauft mit. Außerdem kann ich als Selfpublisherin jederzeit mit meinen Büchern auf einer Buchmesse ausstellen, und das ist eine unglaubliche Erfahrung – z.B. die diesjährige Leipziger Buchmesse war ein extremer Erfolg für mich.
VdZ: Haben Sie vielleicht auch eine Veröffentlichung mittels eines Verlages inBetracht gezogen? Oder möglicherweise schon Erfahrung damit?
Weineis: Wie wahrscheinlich schon deutlich geworden ist, habe ich einige Gründe, warum ich das SP dem Verlag vorziehe. Meine Erfahrungen mit Verlagen begrenzen sich auf Hören-Sagen meiner Autorenkolleg:innen und einem Gespräch 2019 mit einem Verleger, das dazu führte, dass ich mich dem Selfpublishing zuwandte. Denn vorher dachte ich, der Weg über einen Verlag wäre der einzig richtige. Erst dadurch, dass ich von dem Verleger eines kleineren Verlags auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde, habe ich überhaupt nach Alternativen gesucht und das Selfpublishing für mich entdeckt.
Es ist erfrischend zu sehen, wie Selfpublishing immer mehr an Anerkennung gewinnt und die Vielfalt der literarischen Welt bereichert. Die Entscheidungsfreiheit und kreative Kontrolle, die dabei gewonnen wird, können Gold wert sein. Es bestätigt, dass es nicht nur einen Weg gibt, Geschichten zu teilen, und dass traditionelle Verlage nicht das Ende der Linie bedeuten. Jeder Autor verdient es, seine Stimme zu finden und gehört zu werden. Der vorgestellte Ansatz zeigt, wie individuell und erfolgreich der Weg des Selbstverlegens sein kann. Chapeau!