(v.l.n.r.:Sebastian Friedrich, Sebastian Schröder, Marko Jakob)
Seit kurzem bietet die Firma TinkerToys Kindern in Leipzig die Möglichkeit ihr eigenes Spielzeug mit Hilfe einer Software selbst zu gestalten und es danach mittels 3D-Druck sogar zu realisieren. Sebastian Friedrich, einer der Gründer, war offen für meine Fragen.
Hallo Sebastian! Stell doch TinkerToys kurz einmal vor! Was ist euer Konzept und die Idee dahinter?
Das TinkerToys-Konzept besteht im Wesentlichen darin, dass Kinder ihre Spielzeuge selber gestalten können. Es soll nicht mehr so sein, dass Kinder mit ihren Eltern in den Supermarkt gehen und irgendein beliebiges Spielzeug kaufen. Das Kind kann sich mit seinem derzeitigen Spielwunsch auseinandersetzen und diesen eigenständig umsetzen. Die Idee ist, dass Kinderfantasie Wirklichkeit wird.
Zu unserem Gründungsteam gehören drei Personen: Sebastian Schröder, unser Spielzeugdesigner, Marko Jakob, der sich um Projektmanagement und Finanzen kümmert und ich, Sebastian Friedrich, ich kümmere mich um Produktion, Entwicklung und die Öffentlichkeitsarbeit. Seit kurzem gehört auch Steven Schlegel noch zum Team. Er ist Informatiker und kümmert sich um die Software.
Wie seid ihr überhaupt auf die Idee gekommen, Kinder ihr eigenes Spielzeug designen zu lassen?
Das war ein sehr langer Prozess. Als ich damals nach Leipzig gezogen bin, habe ich ein Praktikum in der Unternehmensberatung gemacht und dabei auch Sebastian und Marko kennengelernt. Für mich war nach diesem Praktikum klar, dass ich meinen ursprünglichen Wunsch, Unternehmensberater zu werden, nicht weiterverfolge, sondern selbst gründen möchte. Während dieser Zeit habe ich mir auch schon intensiv darüber Gedanken gemacht, was ich gründen wollen würde. Der 3D-Druck war für mich als Thema bereits festgesetzt, da ich damit in der Uni schon in Kontakt kam und es sehr spannend fand. Zusammen mit Marko habe ich dann überlegt, wo die Einsatzbereiche des 3D-Druck liegen. Das ging über Oldtimerteile bis hin zu medizinischen Produkten. Wir hatten uns relativ früh mit kleinen 3D-Druckern beschäftigt, die verhältnismäßig wenig kosten. Viele Alteingesessene und wissenschaftliche Mitarbeiter standen dem 3D-Druck eher skeptisch gegenüber und meinten, das sei doch nur Spielzeug und
Plastik-Kram. Irgendwann hat es dann Klick gemacht: Wenn alle sagen, man kann damit Spielzeug machen, dann machen wir damit Spielzeug. Das war der Moment, in dem wir auch Sebastian Schröder ins Team geholt haben und ab da ging es eigentlich richtig los.
Was ist denn an Ausstattung nötig, um so ein Spielzeug komplett zu entwickeln und herzustellen?
Wir brauchen eigentlich gar nicht viel: Lediglich eine Software, mit der das Spielzeug designt wird und eine zweite, die das gestaltete Modell in die Schichten des 3D-Druckers übersetzt. Natürlich benötigen wir auch den 3D-Drucker selbst und den Kunststoff für das Spielzeug.
Du erwähntest eben die Software, die in eurem Fall ja von Kindern bedient wird. Auf was muss dabei geachtet werden?
Die Software muss sehr intuitiv sein. Es ist für Kinder bis zu einem gewissen Alter schwierig nachzuvollziehen, wie man auf dem Monitor, der ja 2D ist, 3D-Objekte erstellen kann. Deswegen ist es wichtig, die Komplexität herauszunehmen. Das ist in dem Fall so gelöst, dass die Kinder mit einfachen geometrischen Grundformen arbeiten. Es gibt vorgegebene Elemente, die sie ähnlich wie LEGO zusammenbauen können. Das passiert dann eben nicht analog mit den Händen, sondern am Bildschirm, was sie auch relativ gut verstehen. Hinzu kommt, dass das Programm so aufgebaut ist, dass die Kinder mit einfachen Grundlektionen starten. Auch wenn wir Workshops mit Kindern machen, starten wir mit einer halbstündigen Einführung, bei der sie im Programm erklärt bekommen wie es funktioniert. Dabei entstehen dann meist schon erste Entwürfe, wie einfache Schlüsselanhänger auf denen dann ihr Name steht.
Du hast eben schon die Workshops erwähnt, die regelmäßig stattfinden. Wie sieht denn so ein Workshop aus?
Unser Standard-Konzept ist ein zweistündiger Workshop, der sich vor allem an Einsteiger richtet. Ein Workshop besteht meist aus einer Gruppe von vier bis acht Kindern. Die Kinder kommen zu uns, schauen sich erstmal alles an, bevor Sebastian Schröder dann den Workshop startet. Sebastian arbeitet als Dozent und hat mit Unternehmen, aber auch mit Kindern schon Workshops gemacht. Nach der vorhin schon erwähnten halbstündigen Einführung können die Kinder loslegen und ihr eigenes Spielzeug gestalten, was dann nach dem Workshop hier im Laden gedruckt wird.
Wo seht ihr denn den pädagogischen Wert dieser Workshops?
Da wir mir Bio-Kunststoff arbeiten, schwingt auch immer der Nachhaltigkeitsgedanke in unseren Workshops mit. Das heißt, wir erklären den Kindern, wie man das Material recyceln kann. In Zukunft ist es auch so gedacht, dass die Kinder das dann selber machen. Wie haben bereits einen speziellen Schredder, der das Material in Granulat zerlegt. Der nächste Schritt ist dann, aus diesem Granulat wieder das Ausgangsmaterial zu machen.
Wir machen aber auch unterschiedliche Projekte mit Bildungseinrichtungen. Demnächst sind wir bei
„VDI-GaraGe“, einer Jugendbildungseinrichtung, bei der wir verschiedene Berufsbilder vorstellen.
Es gibt aber auch unterschiedliche Themenkurse, die aus mehreren Terminen bestehen. Der Kurs verfolgt immer ein bestimmtes Ziel. Der erste beginnt jetzt demnächst. Da werden die Kinder sich mit dem Thema „Fahrzeuge“ beschäftigen und ihr eigenes Spielzeugauto erstellen.
Wie nehmen die Kinder euer Konzept bisher an?
Es läuft sehr, sehr gut. Bisher gab es noch kein Kind, das es nicht geschafft hat ein Spielzeug zu erstellen oder dem es keinen Spaß gemacht hat. Der einzige Knackpunkt am Konzept ist der Herstellungsprozess nach der Gestaltung. Im Prinzip ist 3D-Druck ein sehr schnelles Verfahren. Konkret bedeutet das aber, dass auch ein Spielzeug ca. drei bis fünf Stunden Produktionszeit benötigt. Das ist im industriellen Bereich wahnsinnig schnell. Wenn man als Kind aber gerade sein Spielzeug gestaltet hat, will man es am liebsten sofort in der Hand halten. Wir haben gedacht, das würde sehr stören, aber bisher ist das eigentlich nicht der Fall. Es ist tatsächlich so, dass die Kinder am liebsten im Laden bleiben und zuschauen würden, bis ihr Spielzeug fertig ist. Dann darf das auch gerne lange dauern. Manchmal ist es eher so, dass die Eltern diejenigen sind, die drängeln und nach Hause wollen.
Der Trend geht ja zurzeit dahin, dass immer mehr Kinder bereits sehr früh mit dem Computer und dem Tablet umgehen. Wie beurteilst du das?
Die Kinder, die zu uns kommen, sind zwischen sechs und vierzehn Jahre alt. In der Regel ist es so, dass sie schon Erfahrung mit dem Computer oder dem Tablet mitbringen. Es ist ganz selten, dass mal ein Kind dabei ist, das noch nie am Computer gearbeitet hat. Die Jüngsten waren fünf und auch die konnten bereits mit dem PC umgehen. Es ist beeindruckend, wie schnell das geht. Ich sehe das als ein wichtiges Werkzeug, um später auch in der Berufswelt Fuß zu fassen.
Wie stellt ihr euch denn die Zukunft von TinkerToys vor?
Wir haben ja gerade erst angefangen und haben dementsprechend auch noch viel vor. Der nächste große Schritt, der für uns ansteht, ist die Umstellung auf eine eigene TinkerToys-Software. Wir sind bereits so weit, dass wir ab Dezember die ersten Probeversuche starten wollen. Das bedeutet wiederum, dass wir unser Konzept so weit ausbauen können, dass es möglich wird, sein Spielzeug einfach zu Hause zu gestalten. Das heißt, es ist dann nicht mehr notwendig zu uns zu kommen.
Außerdem wollen wir neue Vertriebskanäle erschließen. Hier geht es uns darum, abseits von den klassischen Spielzeugfilialen Fuß zu fassen. Überall da, wo sich Kinder lange aufhalten und ihre Eltern vielleicht stören, wie beispielsweise beim Einkaufen oder Essen, soll TinkerToys zukünftig vertreten sein und die Kinder beschäftigen.
Vielen Dank, Sebastian!
Mein Fazit:
Nach dem Interview bekam ich noch die Möglichkeit mir die Software, den Druck und das Spielzeug anzuschauen. Bisher nutzt das junge Team eine Fremdsoftware namens Tinkercad, die auf die Bedienung mit Tastatur und Maus ausgelegt ist. Das soll sich bald ändern – mit einer firmeneigenen Software, die dann nach dem Touchpad-Prinzip funktionieren soll. Insgesamt besticht das Programm mit seiner Unkompliziertheit. Die Kinder können einfache Formen per drag and drop zusammenfügen, aufeinander oder sogar ineinander bauen und dabei sowohl ihrer Kreativität als auch ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Das dabei entstehende Spielzeug bietet durch die beim 3D-Druck entstehenden Schichten eine ganz besondere Haptik, die bei herkömmlichen Spielsachen nicht vorhanden ist und mich sehr fasziniert hat.
Als ich mir dann anschaute, wie der Drucker mit der Produktion eines Spielzeugs begann, wurden wir von drei hereinschneienden Kindern überrascht, die großes Interesse an den Spielsachen und den im Laden verfügbaren Druckern hatten. Die Neugier der Kinder an diesem spannenden Konzept ist folglich groß und wird es sicherlich auch bleiben.
Hat das Interview Ihr Interesse geweckt? Dann finden Sie weitere Informationen unter folgendem Link:
Oder schauen Sie einfach persönlich vorbei:
Helmholtzstraße 2
04177 Leipzig